Jungle Room (Graceland)

Der legendäre Jungle Room in Graceland war Elvis’ Rückzugsort und Studio zugleich – ein tropisches Refugium, das Musik- und Designgeschichte schrieb.


Jungle Room, Graceland

Im legendären Anwesen Graceland, dem ehemaligen Wohnsitz von Elvis Presley in Memphis, Tennessee, befindet sich einer der wohl außergewöhnlichsten Räume der Popkulturgeschichte: der sogenannte Jungle Room – auf Deutsch oft als Dschungelzimmer bezeichnet. Ursprünglich als offene Veranda konzipiert, ließ Presley das rückwärtige Erdgeschoss des Nordflügels Mitte der 1960er-Jahre zu einem exotisch gestalteten Wohnbereich umbauen. Mit seinem moosgrünen Hochflorteppich, der sich über Boden und Decke zieht, einem imposanten Wasserfall aus Naturstein, üppigen Vorhängen in Gold-Oliv und massiven, handgeschnitzten Tiki-Möbeln aus Zypressenholz erinnert der Raum mehr an eine tropische Lounge als an ein amerikanisches Wohnzimmer – und trägt damit unverkennbar die Handschrift des „King of Rock ’n’ Roll“.

Obwohl er in Pop-Kultur und Designgeschichte oft als Inbegriff des 1970er-Jahre-Kitschs gilt, entwickelte sich der Jungle Room zum intimen Refugium des „King of Rock ’n’ Roll“ – und im Februar sowie Oktober 1976 sogar zum Tonstudio für seine letzten professionellen Aufnahmen.

Historische Entwicklung

Nach dem Erwerb von Graceland im März 1957 blieb der rückwärtige Verandabereich zunächst eine schlichte, unverkleidete Terrasse. Erst rund acht Jahre später – gegen 1965 – entschied Elvis Presley, den Außenraum in einen geschlossenen Wohnbereich umzuwandeln: Er ließ Mauern hochziehen, Fenster einsetzen und schuf sich damit einen abgeschirmten Rückzugsort innerhalb des Nordflügels.

Anfang der 1970er-Jahre vollzog sich dann die Verwandlung zum heute legendären „Jungle Room“. Der Impuls ging von einem spontanen Einkaufsbummel aus: Elvis kaufte nahezu das gesamte Schaufensterinventar eines Möbelgeschäfts in Memphis mit massiven, polynesisch anmutenden Witco-Stücken des Designers William Westenhaver. Die grob geschnitzten Sitzgruppen, Tiki-Bars und Wandmasken bestimmten fortan das exotische Erscheinungsbild des Raums. Um das tropische Ambiente perfekt zu machen, ließ Elvis an der Nordwand zusätzlich einen rund vier Meter breiten Wasserfall aus grob behauenen Feldsteinen installieren, der nicht nur zum optischen Blickfang wurde, sondern durch sein stetes Rauschen auch als natürlicher Klangabsorber diente.

Jungle Room, Graceland
Der knapp 4 Meter breite Naturstein-Wasserfall im Jungle Room. © Foto: Elvis-Presley.net

Gestaltung und Ausstattung

Der Jungle Room in Graceland zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Innenausstattung aus, die Elvis Presleys Sinn für Exotik, Komfort und Extravaganz widerspiegelt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten gestalterischen Elemente und Besonderheiten dieses einzigartigen Raums:

ElementBeschreibung
Boden & DeckeMoosgrüner Shag-Teppich, bewusst auch an der Decke verlegt, um den Klang zu dämpfen und das „Urwald-Gefühl“ zu verstärken.
MöbelHandgeschnitzte Witco-Sofas (Kaiman-Armelehnen), hohe Thronstühle, Couchtische aus massiven, lackierten Baumstämmen.
BarEckbar mit Bambus-Verkleidung, Tiki-Masken und Hockern mit Leopard-Kunstfell.
DekorHängende Kunstpflanzen, vergoldete Lamellenvorhänge, hawaiianische Souvenirs (Inselmasken, Rindenbasttücher).
Wasserfallca. 4 Meter breiter Naturstein-Wasserfall an der Nordwand, der als optisches Highlight und akustischer Klangabsorber fungiert.
Technik1976 temporär verkabelt: 16-Spur-Recorder, Mischpult, Talk-back-System; Teppich wirkte dabei als effektive Schalldämpfung bei den Aufnahmesessions.

Elvis Presleys Nutzung des Jungle Rooms war von zahlreichen Anekdoten begleitet: So soll der große Naturstein-Wasserfall an der Nordwand an Silvester 1971 einen Kurzschluss verursacht haben, der eine kleinere Überschwemmung im Raum auslöste.

Der Jungle Room als Tonstudio (1976)

Im Februar 1976 entschied sich Elvis Presley – körperlich zunehmend geschwächt und erschöpft von den Anforderungen langer Tourneen und Studioaufenthalten – dazu, neue Songs nicht in Nashville oder Los Angeles, sondern direkt in seinem privaten Umfeld in Graceland aufzunehmen. Um dieses Vorhaben zu realisieren, stellte die Plattenfirma RCA einen mobilen Aufnahmewagen in der Einfahrt des Anwesens bereit. Techniker verlegten Mikrofon-Multicore-Kabel durch ein geöffnetes Fenster direkt in den Jungle Room, der binnen weniger Stunden in ein provisorisches, aber funktionales Heimstudio umgewandelt wurde.

Jungle Room, Graceland, RCA-Studio-Truck
Der mobile Aufnahmewagen von RCA hinter der Villa Graceland im Jahr 1976

Erstaunlich war dabei, wie gut sich der extravagant eingerichtete Wohnraum für Tonaufnahmen eignete. Die dicken, hochflorigen Teppiche auf Boden und Decke, die vertäfelten Holzwände sowie die schweren Samtvorhänge sorgten für eine natürliche Schalldämpfung und verhinderten störende Echos – eine fast ideale akustische Umgebung für Gesang und Bandbegleitung. Zwischen dem 2. und 8. Februar sowie erneut vom 28. bis 30. Oktober 1976 nahm Elvis in diesem Raum insgesamt 16 Mastertitel auf, darunter emotionale Stücke wie „Hurt“, der spätere Top-Ten-Hit „Way Down“ sowie das melancholisch-elegante „Moody Blue“.

Diese Aufnahmesitzungen gingen als die Jungle Room Sessions in die Musikgeschichte ein. Sie bildeten die Grundlage für zwei Alben, die als die letzten offiziellen Studioveröffentlichungen zu Lebzeiten Presleys gelten: From Elvis Presley Boulevard, Memphis, Tennessee (erschienen im Mai 1976) und Moody Blue, das posthum im Juli 1977 – nur einen Monat vor seinem Tod – veröffentlicht wurde. Beide Alben tragen die intime Atmosphäre des Jungle Rooms in sich und zeigen Elvis als verletzlichen, aber zugleich ausdrucksstarken Künstler auf der Zielgeraden seiner Karriere.

Bedeutung für Elvis Presley

Der Jungle Room war für Elvis Presley weit mehr als nur ein extravagant eingerichtetes Zimmer – er war ein Rückzugsort, ein persönliches Refugium, gewissermaßen seine private „Man Cave“. In diesem atmosphärisch dichten Raum, abgeschirmt vom Rest des Hauses, konnte sich Elvis ganz seinem eigenen Rhythmus hingeben. Hier probte er zu später Stunde spontan mit seinen Musikern, empfing enge Freunde zu ausgelassenen Gesprächen oder verbrachte stundenlange Telefonate, oft tief in Gedanken versunken.

Diese vertraute Umgebung wurde im Jahr 1976 sogar zum kreativen Zentrum seiner späten Karriere. Laut Aussagen von Weggefährten und Tontechnikern war es Elvis’ ausdrücklicher Wunsch, die physisch und mental fordernden Bedingungen eines professionellen Tonstudios zu vermeiden. Stattdessen entschied er sich, in der geschützten Atmosphäre seines Zuhauses aufzunehmen – an jenem Ort, an dem er sich am wohlsten fühlte. Die Wahl fiel auf den Jungle Room, der durch seine dicken Teppiche, schweren Vorhänge und holzverkleideten Wände eine erstaunlich gute Akustik bot.

Besucherattraktion und Tourismus

Nach dem Tod von Elvis Presley am 16. August 1977 blieb der Jungle Room – sein legendäres Refugium im Graceland-Anwesen – nahezu im Originalzustand erhalten. Als Graceland im Jahr 1982 seine Tore für die Öffentlichkeit öffnete und sich rasch zu einem der meistbesuchten Privathäuser der USA entwickelte, wurde das exotisch ausgestattete Dschungelzimmer zu einem der populärsten Anlaufpunkte der geführten Touren. Besonders die ungewöhnliche Inneneinrichtung mit grünem Hochflorteppich an Boden und Decke, dem raumhohen Naturstein-Wasserfall sowie den handgeschnitzten Tiki-Möbeln zieht seit jeher die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich.

Je nach gewähltem Ticket – vom Basisangebot Elvis Experience bis hin zur exklusiven Ultimate VIP Tour – erhalten Besucher Einblick in den Raum, der durch ein Plexiglasfenster und eine schmale Absperrung geschützt ist. Die Nähe zu diesem ikonischen Ort ist dennoch spürbar, viele Fans berichten von einem fast ehrfürchtigen Moment beim Blick in das private Reich des King. Im Jahr 2022 lagen die Eintrittspreise für die verschiedenen Tour-Optionen zwischen 77 US-Dollar und 196 US-Dollar.

George W. Bush und Junichiro Koizumi im Jungle Room von Graceland
George W. Bush und Junichiro Koizumi im Jungle Room von Graceland am 30. Juni 2006

Besondere internationale Aufmerksamkeit erhielt der Jungle Room am 30. Juni 2006, als der damalige japanische Premierminister Junichiro Koizumi, bekennender Elvis-Fan, Graceland gemeinsam mit US-Präsident George W. Bush besuchte. Koizumi, der sich zuvor öffentlich als Verehrer der Musik Presleys bekannt hatte, zeigte sich bei der Führung durch das Anwesen sichtlich bewegt – besonders vom Jungle Room, den er als „magischen Ort voller Persönlichkeit“ bezeichnete. Der Besuch war nicht nur ein diplomatisches Ereignis, sondern unterstrich auch die weltweite kulturelle Strahlkraft, die von Graceland und seinem berühmtesten Raum bis heute ausgeht.

Erhaltungs- und Vermarktungsinitiativen

Um den Originalzustand des Jungle Rooms möglichst detailgetreu zu erhalten, arbeitet Elvis Presley Enterprises (EPE) eng mit erfahrenen Konservatoren und Restaurierungsexperten zusammen. Dabei steht nicht nur der Erhalt des authentischen visuellen Eindrucks im Fokus, sondern auch die Bewahrung der Materialien und Strukturen, die den Raum seit den 1970er-Jahren prägen. So wurden besonders stark beanspruchte Teppichbereiche fachgerecht konserviert und stabilisiert, um den charakteristischen grünen Hochflorteppich weiterhin zu erhalten – sowohl am Boden als auch an der Decke. Der eindrucksvolle Naturstein-Wasserfall, der ursprünglich ohne moderne Technik betrieben wurde, wurde mit einer zeitgemäßen Pump- und Filteranlage ausgestattet, um die dauerhafte Funktionsfähigkeit und Wasserqualität zu gewährleisten. Auch das ikonische Mobiliar aus massiver Zypresse, darunter die schweren Sofas, Thronstühle und Tiki-Bars von Witco, wird unter streng kontrollierten Klimabedingungen präsentiert, um Holzrisse, Austrocknung oder Verfärbungen zu vermeiden.

Parallel zu den konservatorischen Maßnahmen setzt EPE zunehmend auch auf innovative Formen der kommerziellen Inszenierung, um den Geist des Jungle Rooms einem breiteren, auch jüngeren Publikum näherzubringen. Seit Herbst 2023 tourt beispielsweise die Pop-Up-Bar „Love Me (Bar)Tender“ durch mehrere amerikanische Großstädte. In Städten wie New York, Boston und Chicago wurde temporär eine detailverliebte Nachbildung des Jungle Rooms eingerichtet – inklusive grüner Teppiche, Tiki-Möbeln, tropischer Dekoration und Elvis-Musik vom Plattenteller. Die Bar verbindet nostalgische 1970er-Jahre-Atmosphäre mit zeitgemäßem Gastro-Konzept und ermöglicht Gästen, buchstäblich in die Welt des King einzutauchen. Solche Initiativen machen deutlich, wie sich Denkmalpflege, Popkultur und kommerzielles Storytelling im 21. Jahrhundert auf kreative Weise vereinen lassen.

Love Me (Bar)Tender
Love Me (Bar)Tender: Elvis Themed Pop-Up Bar

Popkulturelle Bezüge

Der Jungle Room von Graceland hat längst seinen festen Platz im kollektiven popkulturellen Gedächtnis gefunden und diente über die Jahrzehnte hinweg immer wieder als inspirierendes Symbol für den Mythos Elvis Presley. Bereits in den 1990er-Jahren wurde der Raum im Song “Walking in Memphis“ von Marc Cohn besungen – einem Stück, das sich mit spiritueller Pilgerschaft und der bleibenden Präsenz Elvis’ in Memphis auseinandersetzt. Darin heißt es: “There’s a pretty little thing waiting for the King down in the Jungle Room” – ein Verweis auf die emotionale Aufladung dieses Raumes als Ort, an dem Fans sich Elvis besonders nahe fühlen.

Auch in der Filmwelt wurde der Raum mehrfach zitiert. In der Action-Komödie “3000 Miles to Graceland” (2001) mit Kevin Costner und Kurt Russell, in der sich alles um einen Coup während eines Elvis-Impersontor-Treffens in Las Vegas dreht, taucht der Jungle Room als ästhetisches Zitat und Raumkonzept wieder auf – voller Plüsch, Tropenholz und überbordender Dekoration, eine visuelle Hommage an Elvis’ exzentrischen Stil.

In TV-Serien wie „Cheers“ wurde der Raum wiederum auf humorvolle Weise referenziert. Die Figur Cliff Clavin schwärmt in einer Episode von Graceland und hebt dabei den Jungle Room als Höhepunkt der Tour hervor – ein Indiz dafür, wie sehr der Raum in der Populärkultur als ikonischer Bestandteil des Presley-Mythos verankert ist.

Jüngeren Generationen wurde der Jungle Room zuletzt durch das aufwendig inszenierte Biopic „Elvis“ (2022) von Baz Luhrmann nahegebracht. In der begleitenden Pressepromotion wurde Hauptdarsteller Austin Butler in einem Interviewformat digital in den Raum projiziert – ein symbolischer Moment, der die Kontinuität zwischen Legende und Darstellung, Vergangenheit und Gegenwart unterstrich. Der Raum war dabei nicht nur Kulisse, sondern wurde erneut zur Bühne für das Weiterleben von Elvis Presleys Erbe

Fazit

Der Jungle Room ist weit mehr als nur ein ausgefallenes Wohnzimmer im Elvis Anwesen Graceland – er ist ein Spiegelbild der Persönlichkeit von Elvis Presley und ein faszinierendes Zeugnis seiner Ästhetik, seines Rückzugsbedürfnisses und seines unkonventionellen Lebensstils. In ihm vereinen sich scheinbare Gegensätze: Intimität und Öffentlichkeit, Geschmack und Übertreibung, Alltag und Mythos.

Was für Außenstehende wie ein Monument des 70er-Jahre-Kitschs erscheinen mag – mit tropischen Möbeln, moosgrünem Hochflorteppich an Boden und Decke und einem plätschernden Naturstein-Wasserfall – war für Elvis ein Ort der Entspannung, der Kreativität und letztlich der letzten musikalischen Schaffensphase seines Lebens. Gerade diese Ambivalenz macht den Jungle Room zu einem einzigartigen Raum in der Popkulturgeschichte.

Er war Wohnzimmer, Studio, Denkraum und Refugium zugleich – und wurde nach Elvis’ Tod zum Wallfahrtsort für Fans aus aller Welt. Seine Aura verleiht Graceland bis heute jene geheimnisvolle, fast magische Anziehungskraft, die unzählige Besucher Jahr für Jahr in das ehemalige Zuhause des King führt.

In einer Zeit, in der Prominenz oft mit Distanz einhergeht, bietet der Jungle Room einen seltenen, fast intimen Einblick in die Welt eines der größten Entertainer des 20. Jahrhunderts. Als begehbare Erinnerung bewahrt er nicht nur den Stil, sondern auch das Lebensgefühl einer Ära – und wird so zu einem bleibenden Kulturdenkmal, dessen Wirkung weit über seine farbenfrohe Erscheinung hinausreicht.


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Stephan

Autor und Betreiber von Elvis-Presley.net. Elvis-Fan seit über 35 Jahren.

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