Ed Bonja

Ed Bonja (1945 - 2019) war Elvis Presleys offizieller Fotograf und Tourmanager, der über 9.000 Aufnahmen des King schuf und dessen Karriere zwischen 1970 und 1977 dokumentierte.

Stephan
Autor und Betreiber von Elvis-Presley.net. Elvis-Fan seit über 35 Jahren.
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Ed Bonja im August 2017 bei einem Elvis-Festival in Polen. © Foto: NurPhoto SRL (Alamy Stock)

Ed Bonja (1945 – 2019) war mehr als nur der Fotograf von Elvis Presley – er war ein stiller Chronist eines der größten Popkulturphänomene des 20. Jahrhunderts. Mit rund 9 000 Aufnahmen dokumentierte Bonja die spektakulären Bühnenauftritte, intimen Backstage-Momente und privaten Augenblicke des „King of Rock ’n’ Roll“ wie kaum ein anderer. Als offizieller Tourfotograf und später auch Tourmanager war er zwischen 1970 und 1977 nicht nur Zeuge, sondern Teil der Elvis-Welt – nahbar, diskret, professionell. Seine Bilder prägten das visuelle Gedächtnis einer Ära, zierten Albumcover und Werbematerialien, begleiteten Bühnenproduktionen und Ausstellungen. Doch hinter der Kamera stand ein Mensch mit Blick für das Wesentliche: die Würde im Moment.

Kurzprofil von Ed Bonja

Ed Bonja

Ed Bonja

Bürgerlicher Name
Edward Bonja
Geburtstag
13. Februar 1945
Geburtsort
Chicago, Illinois
Sternzeichen
Wassermann
Todestag
04. September 2019
Gestorben (Alter 74 Jahren)
Sterbeort
Berlin, Deutschland
Todesursache
Leukämie
Beruf
Fotograf, Tour-Manager

Kindheit in Chicago, Jugend in Kalifornien

Edward „Ed“ Bonja wurde am 13. Februar 1945 in Chicago geboren. Im Alter von sieben Jahren zog er gemeinsam mit seinen Eltern und acht Geschwistern nach Los Angeles – ein Neuanfang im sonnigen Westen der USA. In späteren Interviews beschrieb Bonja seine Jugend als eine Zeit „zwischen Wolkenkratzern und Palmen“, geprägt von den Eindrücken zweier kontrastreicher Welten.

Besonders die alte Argus-C3-Kamera seines Vaters weckte früh seine Begeisterung für die Fotografie. Nach dem Abschluss der High School schrieb sich Bonja an der California State University ein, wo er Industrial Arts und Französisch studierte. 1970 erwarb er zudem ein Lehramtszertifikat – doch der Weg ins Klassenzimmer blieb Theorie. Stattdessen zog ihn die Welt des Rock’n’Roll magisch an.

Familiäre Verbindungen führen zu Elvis Presley

Ed Bonjas Eintritt in die Welt von Elvis Presley hatte einen familiären Ursprung: Sein Onkel mütterlicherseits war niemand Geringeres als Tom Diskin, der langjährige Vertraute und rechte Hand von Colonel Tom Parker. Seit den 1950er-Jahren organisierte Diskin die Tourneepläne, Medienkontakte und Fanpost für den Superstar – eine Schlüsselrolle im Hintergrund der Elvis-Maschinerie.

1957 begleitete der damals zwölfjährige Bonja seinen Onkel backstage ins Pan-Pacific Auditorium in Los Angeles. Die Begegnung mit Elvis auf der Bühne hinterließ einen bleibenden Eindruck: „Wie ein Vorschlaghammer“ habe ihn die Wirkung des Auftritts getroffen, erinnerte er sich später. Sechs Jahre später, 1963, stellte Diskin seinen Neffen offiziell vor. Während der Dreharbeiten zum Film Girl Happy in Hollywood erhielt Bonja auf Vermittlung seines Onkels einen Ferienjob als Aushilfssekretär bei Colonel Parker.

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Ein privater Abendbesuch in Parkers Wohnung wurde zum Schlüsselmoment: Dort kam es zu einem rund 20-minütigen Gespräch zwischen dem jungen Ed Bonja und Elvis Presley. Sie sprachen über Football, Musik und College – und Bonja war tief beeindruckt. „Er war unglaublich höflich und sah einen an, als gäbe es sonst niemanden im Raum“, erzählte er später. Diese Begegnung veränderte Bonjas Lebenslauf grundlegend – und war der Auftakt zu einer einzigartigen Karriere im Schatten des Kings.

Unser Autor Stephan Wäsche mit Ed Bonja bei einer Elvis-Veranstaltung in Berlin im Jahr 2008
Unser Autor Stephan Wäsche mit Ed Bonja bei einer Elvis-Veranstaltung in Berlin im Jahr 2008

Ed Bonjas fotografischer Aufstieg

Nach dem Abschluss seines Studiums wurde Ed Bonja 1970 von Colonel Tom Parker als offizieller Fotograf und Tourmanager für Elvis Presley engagiert – eine in dieser Kombination einzigartige Rolle. Ausgestattet mit zwei brandneuen Nikon-F2-Kameras und einer lichtstarken 135-Millimeter-Festbrennweite, bezog er Quartier im Tourbus des King. Zwischen 1970 und 1977 begleitete Bonja fast jede Tournee, war bei rund tausend Konzerten dabei und erhielt das seltene Privileg, auch direkt auf der Bühne fotografieren zu dürfen.

Das Ergebnis war ein beeindruckendes Bildarchiv mit rund 9.000 Aufnahmen – von intimen Probenszenen bis hin zu dynamischen Bühnenmomenten. Viele dieser Fotografien fanden später Verwendung auf Album-Covern wie On Stage, Promised Land oder Raised on Rock und wurden in US-Supermärkten als Poster zwischen Softdrinks und Souvenirs verkauft.

Der Alltag als Tourmanagers

Offiziell trug Ed Bonja den Titel „Photographer/Tour Logistics“ – doch seine tatsächliche Rolle reichte weit darüber hinaus. Er war Seelsorger für gestresste Musiker, Türsteher, Leibwächter für überenthusiastische Fans und Vermittler zwischen dem autoritären Colonel Tom Parker und der oft überforderten Crew. Neben der Organisation von Hotelzimmern, Charterflügen und Pressepässen blieb ihm kaum Zeit zum Durchatmen – denn nach getaner Logistikarbeit griff er zur Kamera und begleitete Elvis’ Auftritte auch visuell.

Schlaf war selten, das Tourleben rastlos: „Elvis stand oft bis nach Mitternacht auf der Bühne, während Parker bis zum Morgengrauen mit Casino-Managern feilschte“, erinnerte sich Bonja. Seine akribisch geführten Tagebücher – in Auszügen in Fanforen veröffentlicht – dokumentieren akkurate Tourdaten, Songlisten, Stimmungslagen und kuriose Anekdoten. Eine davon spielte sich 1972 in Greensboro ab, als Bonja verhindern musste, dass zwei lebendige Eichhörnchen irrtümlich als Bühnendekoration im LKW landeten.

Ästhetik des Moments: Warum Elvis Bonjas Kamera liebte

Elvis Presley soll es geschätzt haben, Ed Bonja bei der Arbeit zu beobachten. „Er posierte fast instinktiv, sobald er die Kamera bemerkte“, schrieb Der Spiegel in seinem Nachruf. Bonja wiederum legte großen Wert auf atmosphärisches Bühnenlicht und bediente sich gezielt manueller Belichtungszeiten, um Bewegungsunschärfen als künstlerisches Ausdrucksmittel einzusetzen. Besonders während der Las-Vegas-Engagements prägte er mit seinem fotografischen Stil die visuelle Ästhetik jener Ära: blitzartige Konturen, schweißnasse Jumpsuits und energiegeladene Mikrofonposen.

Seine im Jahr 1972 entstandene Fotoserie aus der Suite des International Hotels gilt als letzte offizielle Fotosession des King – intime Aufnahmen eines Künstlers im Spannungsfeld von Glanz und innerer Erschöpfung.

Ed Bonja - Collage - 1972 - Elvis Las Vegas
Fotoserie aus dem jahr 1972 in der Suite des International Hotels, Las Vegas

Die letzten Jahre an der Seite von Elvis Presley

In späteren Interviews sprach Ed Bonja offen über die Ambivalenz der letzten Elvis-Jahre – eine Phase zwischen rauschenden Erfolgen und zunehmender Erschöpfung. Das Abschlusskonzert der Las-Vegas-Sommertournee 1975, bei dem Elvis seinen Manager Colonel Parker auf der Bühne öffentlich kritisierte, bezeichnete Bonja rückblickend als „die lauteste Eiszeit der Showbranche“. Er wurde Zeuge, wie sich Elvis unter dem Druck permanenter Tourneen und wachsender Medikamentenabhängigkeit veränderte – ohne dabei je ins Sensationshafte abzugleiten.

„Wenn die Kameras aus waren, blieb oft ein zutiefst einsamer Mensch zurück“, sagte Bonja 2004 im Gespräch mit dem Elvis Information Network. Dennoch betonte er stets Presleys ungebrochenen Arbeitsethos: „Selbst verletzt brachte er eine Show auf die Bühne, wie kein anderer.“ Ed Bonjas eigene Loyalität ging so weit, dass er 1976 einen Rückzug in Erwägung zog – letztlich jedoch auf Elvis’ persönliche Bitte („I need ya, Ed.“) hin noch eine weitere Saison an Bord blieb.

Somit blieb Ed Bonja bis zum letzten Elvis-Konzert am 26. Juni 1977 in der Market Square Arena, Indianapolis an der Seite des „King of Rock ’n‘ Roll. Im Laufe der langen Zusammenarbeit entstanden legendäre Fotos wie beim Live-Event „Elvis, Aloha from Hawaii via Satellite 1973“ oder im Rahmen der Auftritten im Madison Square Garden im Jahr 1972.

Schicksalsschalg: Unfall auf der Interstate 2004

Am 05. August 2004 befanden sich Ed Bonja und der langjährige Tourmanager Al Dvorin auf dem Rückweg von einer Fan-Convention in Kalifornien, als ihr Fahrzeug auf der Interstate 70 ins Schleudern geriet. Dvorin, der nicht angeschnallt war, wurde aus dem Wagen geschleudert und verstarb noch am Unfallort. Bonja überlebte mit Rippenbrüchen und Prellungen. „Der Verlust meines Mentors traf mich stärker als die körperlichen Verletzungen“, sagte er später. Obwohl Ärzte ihm dringend zur Aufgabe der Reisetätigkeit rieten, blieb Bonja unbeirrt aktiv – bereits zwei Jahre später präsentierte er wieder Ausstellungen in Memphis und Berlin.

„Elvis lebt!“ – Ausstellungen, Bücher und ein Musical

Im Jahr 2000 veröffentlichte Ed Bonja gemeinsam mit der dänischen Fan-Organisation Elvis Unlimited den BildbandElvis Shot by Bonja„. Das Werk präsentierte rund 1.000 Aufnahmen – viele davon bislang unveröffentlicht – und wurde von der Fachpresse als „visuelle Oral History“ gewürdigt. Lediglich kleinere Druckfehler der Erstausgabe wurden kritisiert.

Seine Fotografien fanden 2007 erstmals in großem Rahmen den Weg in die Öffentlichkeit: Eine Berliner Ausstellung im Estrel Hotel mit 80 bisher ungesehenen Motiven lockte tausende Elvis-Fans an. Vier Jahre später – am 17. Februa 2011 – folgte die multimediale Installation „Elvis! Elvis Who?“ im NHB-Studio an der Brunnenstraße. Für Aufsehen sorgte vor allem Bonjas Auftritt zur Vernissage – Hand in Hand mit dem früheren US-Astronauten Buzz Aldrin. Das Zusammentreffen zweier Legenden inspirierte Boulevardmedien zu Titeln wie: „Mondpionier trifft Rock ’n’ Roll-Pionier“.

Gleichzeitig engagierte sich Bonja hinter den Kulissen der Produktion Elvis – Das Musical des Berliner Veranstalters COFO Entertainment. Als kreativer Berater trug er entscheidend zur Authentizität bei – von Requisiten über Lichtregie bis zur Dramaturgie. Zahlreiche Projektionen im Stück stammten direkt aus seinem umfangreichen Fotoarchiv.

Ruhestand in Soest – Rückzug mit Kamera

Im Jahr 2008 ließ sich Ed Bonja in der westfälischen Stadt Soest in Deutschland nieder – einem Ort, der für den langjährigen Elvis-Fotografen zu einem stillen Rückzugsort wurde. Auf einer Pressekonferenz scherzte er über seine Vorliebe für „Fachwerkgebäude und deutsches Pils“, doch hinter dem Humor verbarg sich eine ernstere Realität: Bonja lebte mit einer Leukämie-Diagnose und Diabetes. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen blieb er engagiert. Er hielt Vorträge in Seniorenheimen, signierte Platten beim Record Store Day und trat hin und wieder bei Veranstaltungen regionaler Cover-Bands auf. 2011 griff er erneut zur Kamera – diesmal zur digitalen Version – und fotografierte junge Musiker beim Soester Kneipenfestival. „Ich habe das Klicken vermisst“, verriet er im Interview mit dem Lokalradio.

Tod in Berlin – und das Vermächtnis eines Chronisten

Im Spätsommer 2019 verschlechterte sich Ed Bonjas Gesundheitszustand deutlich. Sein langjähriger Weggefährte und Musical-Produzent Bernhard Kurz brachte ihn in ein Berliner Krankenhaus. Am 04. September 2019 um 17:59 Uhr bestätigte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) seinen Tod – eine Nachricht, die nur wenige Minuten später vom Spiegel aufgegriffen wurde. Nahezu zeitgleich rollte eine Welle digitaler Anteilnahme durch das Internet: Fanclubs entzündeten virtuelle Kerzen, Fotografen ehrten ihren Kollegen mit symbolischen Gesten und in Memphis senkte Graceland die amerikanische Flagge auf Halbmast.

Die Linse als Vermächtnis

Bonjas Negative lagern heute in klimatisierten Archiven – als visuelles Kapital für Musicals, Streaming-Dokumentationen und Ausstellungen. Doch sein wahres Erbe reicht über das Materielle hinaus: Es gründet auf dem Vertrauen, das Elvis ihm entgegenbrachte, und auf der feinen Intuition, im richtigen Moment nicht nur den Auslöser zu betätigen, sondern auch bewusst auf ein Foto zu verzichten – besonders dann, wenn Persönliches geschützt bleiben sollte.

In einer Zeit, in der der ständige Smartphone-Hype jede Sekunde des Popbetriebs ausleuchtet, ruft Bonjas Werk eindringlich in Erinnerung, dass Nähe nicht selbstverständlich ist, sondern Verantwortung mit sich bringt. Wer seine Bilder betrachtet, sieht mehr als nur einen Superstar – er erkennt auch den stillen Beobachter, der aus dem Orchestergraben heraus Geschichte festhielt. Vielleicht liegt genau darin Bonjas größte Leistung: Er machte Elvis unvergesslich – und sich selbst damit unvergänglich.

Fazit

Ed Bonja war weit mehr als nur der Fotograf an Elvis Presleys Seite – er war ein diskreter Chronist einer Ära, die im grellen Licht der Bühnen, aber auch im Schatten persönlicher Momente stattfand. Seine rund 9 000 Aufnahmen dokumentieren nicht nur die Karriere eines Musikidols, sondern erzählen auch von Nähe, Respekt und Verantwortung im Umgang mit Ruhm. Bonja verstand es, mit der Kamera Geschichte zu schreiben – nicht reißerisch, sondern mit Gespür für das Wesentliche. In einer Welt, in der Bilder oft beiläufig entstehen, bleibt sein Werk ein eindrucksvolles Zeugnis für Authentizität und Vertrauen. So hat er nicht nur Elvis ein visuelles Denkmal gesetzt, sondern auch sich selbst einen Platz in der Musikgeschichte gesichert.

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