George Constantine Nichopoulos, besser bekannt als „Dr. Nick“, war mehr als nur ein Arzt. Für rund ein Jahrzehnt war er der Leibarzt von Elvis Presley – einer der berühmtesten Musiker des 20. Jahrhunderts. In dieser Rolle wurde er zur umstrittenen Figur: Für die einen war er der Retter eines kranken Superstars, für andere der Mann, der Elvis mit Medikamenten versorgte, bis dieser daran zugrunde ging. Am 24. Februar 2016 starb Nichopoulos in Memphis im Alter von 88 Jahren. Die Todesursache wurde noch nicht bekannt gegeben.
Elvis’ Tod und die umstrittene Rolle von Dr. Nick
Als Elvis Presley am 16. August 1977 im Badezimmer seiner Villa Graceland tot aufgefunden wurde, war Dr. Nichopoulos derjenige, der den Totenschein unterschrieb. In Elvis Körper wurden Spuren von über einem Dutzend Medikamenten gefunden – darunter Barbiturate in erheblichen Mengen. Die Autopsie legte nahe, dass die Medikamentenkombination tödlich gewesen sein könnte.
Dennoch urteilte der Gerichtsmediziner letztlich, dass keine der Substanzen in einer Konzentration vorlag, die den Tod direkt verursachen konnte. Offiziell wurde eine Herzrhythmusstörung infolge von Herzerkrankungen und Bluthochdruck als Todesursache angegeben.
Der Beginn öffentlicher Zweifel und juristischer Aufarbeitung
Kurz nach dem Tod von Elvis kamen Zweifel auf. Eine investigative Reportage in der US-Sendung „20/20“ warf Dr. Nichopoulos vor, Tausende von Medikamentendosen verschrieben und damit möglicherweise zur Verschleierung der wahren Todesursache beigetragen zu haben.
1980 wurde Dr. Nichopoulos schließlich angeklagt, übermäßige Mengen von Medikamenten an Elvis Presley, Jerry Lee Lewis und andere Patienten verschrieben zu haben. Laut Anklage hatte er allein in den letzten sieben Monaten von Presleys Leben über 10.000 Pillen verschrieben – darunter Aufputschmittel, Beruhigungsmittel und Schmerzmittel. Auch räumte er ein, fast 300.000 Dollar von Elvis geliehen zu haben, bestritt jedoch, dass dies seine ärztlichen Entscheidungen beeinflusst habe.
Der Prozess – Spektakel und Verteidigung
Im Jahr 1981 geriet der Prozess gegen Dr. George Nichopoulos, den langjährigen Leibarzt von Elvis Presley, zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit und entwickelte sich rasch zu einem aufsehenerregenden medialen Ereignis. Die Aufmerksamkeit, die dem Verfahren zuteilwurde, war nicht zuletzt auf die prominente Vergangenheit seines Verteidigers zurückzuführen: James F. Neal, ein angesehener Jurist, der sich zuvor durch seine Rolle als Staatsanwalt im Watergate-Skandal einen Namen gemacht hatte, übernahm Nichopoulos’ rechtliche Vertretung.
Neal zeichnete in seiner Verteidigungsstrategie das Bild eines Arztes, der keineswegs aus eigennützigen Motiven oder Habgier gehandelt habe. Vielmehr habe Nichopoulos sich in einer komplexen medizinischen Ausnahmesituation wiedergefunden, in der er alles daran setzte, die fragile gesundheitliche Verfassung seines berühmten Patienten zu stabilisieren. Es sei ihm nicht darum gegangen, Elvis Presley mit Medikamenten zu versorgen, um sich selbst zu bereichern, sondern darum, eine gewisse Kontrolle über dessen bereits gefährlichen Medikamentenkonsum zu gewinnen. In diesem Zusammenhang habe Nichopoulos – so die Argumentation – auch bewusst harmlose Placebos verschrieben, um dem Sänger das Gefühl zu vermitteln, behandelt zu werden, während er tatsächlich versuchte, dessen Dosis zu verringern oder zumindest einzugrenzen. Neal stellte damit seinen Mandanten als einen bemühten, aber überforderten Arzt dar, der in einer medizinisch wie menschlich schwierigen Lage das aus seiner Sicht Bestmögliche tat.
Freispruch und späterer Karriereverlauf
Letztlich wurde Goerge C. Nichopoulos in sämtlichen elf Anklagepunkten freigesprochen – das Gericht sah keine ausreichenden Beweise für ein strafbares Verhalten. Nach dem Freispruch kehrte er in seinen Beruf als Arzt zurück. Diese Rückkehr kommentierte er mit einem sarkastischen Unterton, der seine Verbitterung oder seinen Galgenhumor durchblicken ließ: „Meine Patienten, die ich nicht umgebracht habe, waren mir sehr treu.“ Dieser zynische Spruch spielte nicht nur auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe an, sondern auch auf die öffentliche Wahrnehmung, die sich durch den Prozess stark verändert hatte.
Doch trotz des juristischen Freispruchs war seine Karriere damit keineswegs rehabilitiert oder gesichert. Die Kontroverse um seine Verschreibungspraxis riss nicht ab. Im Jahr 1995 – viele Jahre nach dem Prozess – griff schließlich das Tennessee Medical Board durch: Es entzog ihm endgültig die ärztliche Zulassung. Der Grund war erneut ein übermäßiger, nicht verantwortungsvoller Umgang mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Damit fand seine medizinische Laufbahn ein unwiderrufliches Ende – nicht durch ein Gerichtsurteil, sondern durch die Einschätzung der Standesbehörde, die seine ärztliche Praxis als unvereinbar mit dem Berufsbild sah.
Leben, Herkunft und Beziehung zu Elvis
Goerge C. Nichopoulos wurde am 29. Oktober 1927 in Ridgway, Pennsylvania, als Sohn griechischer Einwanderer geboren. Er wuchs in Alabama auf, studierte unter anderem in Vanderbilt und schloss sein Medizinstudium 1959 ab. Ab 1963 praktizierte er in Memphis. Seine erste Begegnung mit Presley hatte er 1967 – wegen Reitwunden. Daraus entwickelte sich eine enge Beziehung: Nichopoulos wurde nicht nur zum Arzt, sondern auch zu einer Art Vaterfigur für den Star. Er versuchte mehrfach, Presley zu mehr Bewegung und gesünderer Ernährung zu bewegen – weitgehend vergeblich.
In seinem Buch „The King and Dr. Nick“ (2010) beschrieb er Elvis Presleys chronische Verstopfung als ein zentrales gesundheitliches Problem. Diese könnte laut ihm auch zum Tod des Sängers beigetragen haben.
Ein Leben nach Elvis
Nachdem ihm die Approbation als Arzt entzogen worden war, wandte sich Nichopoulos neuen beruflichen Tätigkeiten zu: Eine Zeit lang war er als Roadmanager für den legendären Rock ’n’ Roll-Musiker Jerry Lee Lewis im Einsatz, bevor er schließlich eine Anstellung in der Abteilung für Invaliditätsleistungen beim Logistikunternehmen FedEx fand – eine Aufgabe, der er bis ins hohe Alter nachging. Doch selbst Jahre nach dem Tod von Elvis Presley ließ die enge Verbindung zu dem King of Rock ’n’ Roll ihn nicht los.
Dr. Nichopoulos widmete sich mit großem Engagement der Organisation von Ausstellungen, die sich dem Leben und Wirken seines berühmtesten Patienten widmeten. In diesen Präsentationen zeigte er persönliche Erinnerungsstücke von Elvis, darunter Arzneifläschchen, medizinische Instrumente sowie eine Auswahl an Schusswaffen – viele dieser Objekte waren Geschenke des Sängers persönlich. Die Ausstellungen zogen zwar große Aufmerksamkeit auf sich, führten jedoch auch zu rechtlichen Auseinandersetzungen, die das Vorhaben überschatteten.
Privatleben und Vermächtnis
Goerge C. Nichopoulos hinterlässt seine Frau Edna Sanidas, mit der er 62 Jahre verheiratet war, drei Kinder, vier Enkel und neun Urenkel. Bis zum Ende verteidigte er seine medizinischen Entscheidungen: „Ich habe sehr hart daran gearbeitet, bei Elvis alles richtig zu machen“, sagte er 2009. „Ich bereue kein einziges Medikament, das ich ihm gegeben habe. Sie waren notwendig.“
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