Market Square Arena, Indianapolis

Die Market Square Arena war eine Mehrzweckhalle in Indianapolis (1974 - 2001), bekannt für Sportevents, Konzerte und Elvis Presleys letztes Live-Konzert.


Market Square Arena, Indianapolis
Market Square Arena, Indianapolis im Jahr 1988

Mitten im Herzen von Indianapolis stand von 1974 bis 2001 eine der ungewöhnlichsten Mehrzweckarenen Nordamerikas: die Market Square Arena (MSA). Ihr kuppelförmiges Dach, das sich auf zwei Parkhaustürmen über die Market Street spannte, wurde über Jahrzehnte hinweg zum visuellen Anker des Ostteils der Innenstadt – und zum Schauplatz von Sport­triumphen, Rock-Legenden und städtebaulichen Visionen.

Vom ersten Basketballsprungball bis zur spektakulären Implosion im Juli 2001 prägte die Arena die Identität einer Stadt, die Ende der 1960er-Jahre verzweifelt nach neuem Schwung suchte. Dieser Artikel zeichnet die Geschichte des Gebäudes nach, erklärt seine technische Raffinesse, bilanziert seine kulturelle Strahlkraft und widmet sich ausführlich einem ganz besonderen Abend: Elvis Presleys letztem Konzert am 26. Juni 1977.

Vorgeschichte und urbaner Kontext

Ende der 1960er-Jahre lag die Innenstadt von Indianapolis brach: Kaufhäuser wanderten an die Peripherie, Büros bezogen Vorstadtlagen, und das Nachtleben verlagerte sich in umliegende Counties. Bürgermeister Richard Lugar sah in einer Sport- und Veranstaltungshalle den Schlüssel, um den Stadtkern wiederzubeleben. 1970 – im Jahr der dritten ABA-Meisterschaft der Indiana Pacers – versprach er öffentlich, „alles zu tun, um eine Arena zu bauen“ und koppelte dieses Vorhaben an eine Aufwertung des historischen City Market-Viertels. Die Market Square Arena wurde damit zu einem der ersten Public-Private-Partnership-Projekte des Mittleren Westens und läutete eine Ära ein, in der Indianapolis gezielt Sportstätten nutzte, um als „Amateur-Sporthauptstadt“ der USA weltweite Aufmerksamkeit zu erlangen.

Planung und Architektur

Die Entstehungsgeschichte der Market Square Arena (MSA) gehört zu den ungewöhnlichsten Kapiteln der amerikanischen Baugeschichte – nicht zuletzt deshalb, weil ihr Ursprungsentwurf nicht aus einem renommierten Architekturbüro stammt, sondern aus der kreativen Arbeit zweier Studenten.

Im Jahr 1969 wählten Joseph Mynhier und Terry Pastorino, Architekturstudenten an der Ball State University in Indiana, ein damals ungenutztes Grundstück zwischen der Alabama Street und der New Jersey Street als Schauplatz für ihr Studienprojekt. Was zunächst als akademische Übung begann, entwickelte sich schnell zu einer realen Planungsgrundlage: Die beiden überzeugten mit ihrem Entwurf die Entscheidungsträger der Stadt Indianapolis, die daraufhin ein ungewöhnliches Vorgehen wagten.

Statt das Projekt wie üblich einem einzigen Architekturbüro zu übergeben, gründete die Stadt das Joint Venture „Architects 4“ – eine Arbeitsgemeinschaft, in der unter anderem die Büros Kennedy, Brown & Associates sowie McGuire & Shook mitwirkten. Auf Grundlage des studentischen Vorentwurfs entwickelten sie ein architektonisch mutiges Konzept, das für seine Zeit revolutionär war.

Zentrales Merkmal war eine hochmoderne Raumfachwerkkonstruktion, die über zwei zwölfstöckigen Parkhaustürmen schwebte. In diesem Tragwerk war die eigentliche Arena untergebracht – ein spektakulärer Entwurf, der die Market Street, eine zentrale Ost-West-Verbindung der Stadt, nicht blockierte, sondern in gewisser Weise integrierte: Die Halle nahm nur die südliche Hälfte des Blocks ein, sodass die Blick- und Wegeachse unter dem Bauwerk hindurch bestehen blieb. Fußgänger konnten die überdachte Passage nutzen – eine städtebauliche Lösung, die zur Zeit ihrer Planung als absolutes Novum galt.

Market Square Arena Indianapolis Bauphase 1973
Die Market Square Arena am 12. Februar 1973 prägt schon während der Bauphase die Skyline der Innenstadt. © Foto: STAR/NEWS – Joe Young

Bauphase, Kosten und Technik

Am 20. Oktober 1971 begannen die Bauarbeiten der Market Square Arena. Exakt 35 Monate später – im September 1974 – war das Bauwerk vollendet. Die Kosten beliefen sich auf rund 23 Millionen US-Dollar, was inflationsbereinigt heute etwa 147 Millionen Dollar entspricht. Für eine multifunktionale Halle mit einer Kapazität von bis zu 17.000 Sitzplätzen galt dies bereits damals als äußerst wirtschaftlich.

Besonders hervorzuheben war die innovative Dachkonstruktion: Ein laminiertes Holzdach mit einer Spannweite von 110 Metern wurde mithilfe von Stahlseilen zwischen zwei Parkhäusern aufgehängt. Diese Konstruktion ermöglichte vollständig stützenfreie Sichtachsen – ein architektonischer Meilenstein, der sämtliche Plätze im Innenraum mit ungehinderter Sicht auf das Geschehen versorgte.

Durch ein flexibles Vorhangsystem ließ sich die Kapazität der Arena je nach Veranstaltung variabel anpassen – von etwa 12.000 bis fast 19.000 Besuchern. Auch technisch war das Stadion seiner Zeit voraus: Der erste installierte Videowürfel stammte von der Firma American Sign & Indicator. Als Indianapolis 1985 das NBA All-Star Game ausrichtete, wurde dieser durch ein modernes Farbmatrix-System ersetzt, um den gestiegenen Anforderungen an Bildqualität und Zuschauererlebnis gerecht zu werden.

Eröffnung und frühe Highlights

Die Eröffnung der Market Square Arena markierte am 15. September 1974 ein vielbeachtetes Ereignis: Den Auftakt bildete ein Konzert von Country- und Popstar Glen Campbell. Kurz darauf folgte ein erstes sportliches Highlight – ein Vorbereitungsspiel der Indiana Pacers gegen die Milwaukee Bucks, das mit 16.929 Zuschauern für ein ausverkauftes Haus sorgte. Nur wenige Wochen später stand das erste reguläre Heimspiel der Pacers in der American Basketball Association (ABA) an.

Die Partie gegen die San Antonio Spurs entwickelte sich zu einem packenden Schlagabtausch, der erst in der zweiten Verlängerung zugunsten der Gäste entschieden wurde. In ihrer Premierensaison 1974/75 erreichten die Pacers auf Anhieb die ABA-Finals. Damit wandelte sich die Market Square Arena innerhalb weniger Monate von einem ambitionierten Neubau zu einer national beachteten Bühne für hochkarätigen Spitzensport.

Market Square Arena Indianapolis 1974
Die Market Square Arena Indianapolis kurz nach der Fertigstellung im Jahr 1974. © Foto: W.H. Bass Photo Company

Die ehemalige Adresse der Market Square Arena lautete: 300 East Market Street; Indianapolis, Indiana 46204

Die Pacers-Ära

Nach dem Zusammenschluss der American Basketball Association (ABA) mit der National Basketball Association (NBA) im Jahr 1976 blieb die Market Square Arena weiterhin die Heimspielstätte der Indiana Pacers – nun allerdings als Teil der größten Basketballbühne der Welt, gemeinsam mit Teams wie den Los Angeles Lakers, den Boston Celtics und den Chicago Bulls.

Ein besonders denkwürdiges Kapitel schrieb die Halle am 19. März 1995: Nach seinem ersten Rücktritt vom Profisport kehrte Basketball-Ikone Michael Jordan genau hier auf das NBA-Parkett zurück. Seine Rückkehr im Trikot der Chicago Bulls wurde zum Medienereignis und bescherte der Arena einen Platz in der Geschichte des Sports.

In den 1990er-Jahren entwickelte sich die Market Square Arena zudem zum Schauplatz erbitterter Playoff-Duelle zwischen den Pacers und den New York Knicks. Die Rivalität befeuerte die Atmosphäre in der Halle, in der Kommentator Bobby „Slick“ Leonard mit seinem legendären Ausruf „Boom Baby!“ regelmäßig für Gänsehautmomente bei den Fans sorgte.

Im Herbst 1999 endete schließlich eine Ära: Mit einem letzten, emotional aufgeladenen Pre-Season-Spiel gegen die Utah Jazz verabschiedeten sich die Pacers von ihrer alten Wirkungsstätte. Kurz darauf bezog das Team das neu errichtete Conseco Fieldhouse – heute bekannt als Gainbridge Fieldhouse – das zur neuen Heimat einer traditionsreichen Basketballfranchise wurde.

Eisfläche, Indoor-Soccer und multisportive Nutzung

Neben Basketball begrüßte die Market Square Arena (MSA) schon 1974 die Indianapolis Racers der WHA, bei denen ein 17-jähriger Wayne Gretzky seine ersten Profischritte machte. Mitte der 1980er folgten die Indianapolis Ice (IHL) und der spektakuläre Finals-Sieg Brasiliens gegen die USA im Basketball der Pan Am Games 1987, bei dem Oscar Schmidt 46 Punkte erzielte. Sogar NHL-Partien fanden hier 1992 im Rahmen der „neutral-site games“ statt. Indoor-Soccer-Teams wie die Indiana Twisters, Rodeos, Monster-Truck-Shows und Billy Grahams Großevangelisationen zeigten, wie weit das Spektrum der Vermarktung reichte.

Market Square Arena Indianapolis Tickets 26. Juni 1977
Fans stehen vor der Market Square Arena an, um Tickets für das Elvis Konzert am 26. Juni 1977 zu kaufen.

Konzertstätte der Superlative

Bevor 1989 das Open-Air-Amphitheater „Deer Creek“ (heute Ruoff Music Center) öffnete, war die Market Square Arena praktisch Pflicht­programm für jede Welttournee. Led Zeppelin rockten hier im April 1977; die Bee Gees brachten im Sommer 1979 ihre Disco-Hymnen in die Stadt. Mötley Crüe filmten 1987 das Video zu „Wild Side“, und John Mellencamp drehte 1987 vor heimischer Kulisse „Check It Out“. Frank Sinatra, Prince, Metallica, Garth Brooks, Janet Jackson, Elvis Presley – kaum ein Superstar fehlte im Tour-Logbuch der Arena. Mit bis zu vier Shows pro Woche generierte die Halle wichtige Steuereinnahmen und machte Indianapolis auch kulturell zu einer Destination.

Elvis Presleys letzter Auftritt – 26. Juni 1977

Am Sonntagabend des 26. Juni 1977 herrschte Ausnahmezustand vor der Market Square Arena in Indianapolis: Innerhalb weniger Stunden waren sämtliche knapp 18.000 Eintrittskarten restlos vergriffen. Hunderte Fans hatten die Nacht in der klammen Kälte vor den Vorverkaufsstellen verbracht, um ihren Platz beim letzten Konzert einer musikalischen Ikone zu sichern.

Trotz angeschlagener Gesundheit betrat Elvis Presley um exakt 20:58 Uhr die Bühne – gekleidet in seinen weißen „Mexican Sun“-Jumpsuit – während aus den Lautsprechern die Eröffnungsklänge von „Also Sprach Zarathustra“ hallten. Das Programm des Abends umfasste eine emotionale Auswahl seiner späten Konzertklassiker, darunter „See See Rider“, „You Gave Me a Mountain“, „It’s Now or Never“ und eine besonders eindringliche Version von „My Way“.

Als Abschluss sang Presley „Can’t Help Falling in Love“ – eine Ballade, die an diesem Abend mehr als nur ein Konzert beendete. Es war sein letzter Bühnenauftritt überhaupt. Nur sieben Wochen später, am 16. August 1977, verstarb der „King of Rock ’n’ Roll“ in Memphis – und machte damit diesen Abend zur letzten direkten Begegnung mit seinem Publikum.

Die lokale Musikjournalistin Rita Rose berichtete, dass selbst kleinste Bewegungen – insbesondere Presleys charakteristisches „Leg Jerk“ – vom Publikum mit stürmischer Begeisterung aufgenommen wurden. Die Arena bebte vor Begeisterung, als der alternde Entertainer ein letztes Mal die Aura seiner früheren Größe aufleben ließ. Heute erinnert eine Gedenktafel aus Messing am nördlichen Rand des ehemaligen Arena-Geländes an diesen historischen Moment – an das Ende einer Ära, das zugleich den Beginn einer Legende markierte.

Das letzte Elvis Presley Konzert - 26. Juni 1977
Elvis bei seinem letzten Konzert am 26. Juni 1977 in der Market Square Arena.

Ökonomischer und kultureller Impact

Die Market Square Arena war mehr als Beton und Sitzschalen: Sie war Katalysator eines ökonomischen Domino­effekts. Hotels, Bars und Einzelhandel siedelten sich im Umfeld an; städtische Verkehrsplaner optimierten Buslinien, um Besucherströme aufzunehmen. Die erfolgreiche Austragung des NCAA-Final Four 1980 und der Pan Am Games 1987 bestärkte Indianapolis darin, weitere Sportstätten wie den Hoosier Dome oder den Victory Field zu errichten. In weniger als 20 Jahren wandelte sich die Stadt laut Fachpresse zu einem „Sports Event Hub“, der sogar Olympiabewerbungen erwog.

Niedergang und Schließung

In den 1990er-Jahren setzten sich Komfortstandards durch, die Arenen mit Luxussuiten, großzügigen Concourse-Flächen und digitaler Infrastruktur verlangten. Die Market Square Arena, deren Grundriss durch die Parkhaustürme begrenzt war, ließ sich nur noch teuer modernisieren. 1995 investierte man zwar in neue Bestuhlung und Dachabdichtung, doch 1999 entschieden sich die Pacers für einen Umzug in die hochmoderne Conseco Fieldhouse, nur wenige Blocks entfernt. Ohne Hauptmieter schrieb die Arena rote Zahlen; am 24. Oktober 1999 fiel der letzte Vorhang.

Die Sprengung am 08. Juli 2001

Sonntagmorgen, 7 Uhr: Rund 50 kg Sprengstoff, platziert von Controlled Demolition, Inc., brachten das Raumfachwerk in nur zwölf Sekunden zu Fall. Der Fernsehsender WTHR übertrug live, Zehntausende verfolgten das Spektakel von provisorischen Tribünen. Eine ikonische Skyline verschwand in einer Staubwolke; übrig blieb ein 200.000 Tonnen schwerer Trümmerhaufen, der innerhalb weniger Monate abtransportiert wurde. Gleichzeitig barg man den originalen Basketballboden, der heute im National Institute for Fitness and Sport ausgestellt ist.

Video: Sprengung Marker Square Arena

Zwischen­zeit der Brache und neue Quartiere

Fast anderthalb Jahrzehnte lang diente das leere Grundstück als Schotterparkplatz – jedoch mit einer Ausnahme: Ein Elvis-Memorial aus rotem Granit zog Fans aus aller Welt an. Erst 2017 begann die nächste Transformation: Cummins eröffnete seinen Global-Distribution-Campus auf der Südparzelle, während auf der Nordhälfte das 28-stöckige Wohn- und Retail-Projekt 360 Market Square mit Whole Foods-Ankermieter entstand. Das Denkmal des King wanderte auf den vorgelagerten Bürgersteig und bleibt damit ein sichtbares Bindeglied zur Vergangenheit.

Vermächtnis und Nostalgie

Obwohl das Gebäude verschwunden ist, lebt seine Aura fort: In Diskussions­foren posten Fans bis heute Fotos ihrer Sitzplatzkarten; Retro-Videospiele wie „NBA 2K“ bieten die Market Square Arena als freischaltbare Classic-Arena an. Stadthistoriker verweisen auf das Erfolgsmuster „Sport als Stadtpolitik“, das andere Kommunen nachahmten. Und nicht zuletzt verkörpert die Halle eine Lektion über die Lebensdauer großer Bauwerke: Visionär in den 1970ern, veraltet nach 25 Jahren – doch unsterblich in der kollektiven Erinnerung jener, die dort ihr erstes Konzert erlebten oder den ersten Drei-Punkte-Wurf bejubelten.

Fazit

Die Market Square Arena war ein architektonisches Wagnis, ein ökonomischer Motor und eine Bühne weltweiter Pop-Kultur. Ihr Aufstieg und Fall spiegeln die Dynamik moderner Städte wider: Orte verändern sich, doch die Geschichten, die in ihnen entstehen, werden zu Bestandteilen der urbanen DNA. Für Indianapolis bedeutete die Market Square Arena den Schritt von der „Naptown“ zur Sport-Metropole. Für Musikliebhaber bleibt sie als die Halle in Erinnerung, in der Elvis Presley „der King“ zum letzten Mal „Can’t Help Falling in Love“ sang – und damit endgültig bewies, dass auch Mauern aus Beton zur Legende werden können.

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Stephan

Autor und Betreiber von Elvis-Presley.net. Elvis-Fan seit über 35 Jahren.

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