Jerry Scheff

Jerry Scheff ist ein US-Bassist, bekannt durch seine Arbeit mit Elvis Presley, den Doors und Bob Dylan – eine prägende Figur der Rock- und Popgeschichte.

Stephan
Autor und Betreiber von Elvis-Presley.net. Elvis-Fan seit über 35 Jahren.
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Er bewegte sich zwischen den grellen Lichtern der Showmetropole Las Vegas und den dunklen, hypnotischen Klangwelten der Rockmusik: Jerry Obern Scheff (* 31. Januar 1941), ein amerikanischer Bassist von Weltrang, schrieb an entscheidenden Kapiteln der Musikgeschichte mit. Als langjähriges Mitglied von Elvis Presleys legendärer TCB Band und als Studiomusiker auf dem wegweisenden Doors-Album „L.A. Woman“ war Scheff einer jener herausragenden Klangarchitekten, die zwar selten im Rampenlicht standen, aber mit ihrem Spiel den Sound ganzer Generationen prägten.

Kurzprofil von Jerry Scheff

Jerry Scheff

Jerry Scheff

Bürgerlicher Name
Jerry Obern Scheff
Geburtstag
31. Januar 1941
Geburtsort
Denver, Colorado
Sternzeichen
Wassermann
Alter
84 Jahre
Beruf
Bassist
Instrument
Bass
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Frühe Jahre: Vom Marinestützpunkt ins Herz der Musikszene

Jerry Scheff wurde am 31. Januar 1941 in Denver, Colorado, geboren und verbrachte seine Kindheit im kalifornischen Vallejo – einer Kleinstadt, die weit entfernt war von den glamourösen Bühnen, auf denen er später auftreten sollte. Nach seinem Militärdienst bei der US Navy entschied sich Scheff für einen Neuanfang in Los Angeles – jener Stadt, die in den 1960er-Jahren als Schmelztiegel musikalischer Innovation galt.

In der brodelnden Szene rund um Sunset Strip und Studio City fand er schnell Anschluss und wurde als Bassist in der Clubszene aktiv. Im legendären Nachtclub „Sands“ stand er bereits in jungen Jahren mit Künstlern wie dem damals 16-jährigen Billy Preston, der kraftvollen Sängerin Merry Clayton und dem experimentierfreudigen Geiger Don „Sugarcane“ Harris auf der Bühne – Talente, die alle später zu festen Größen im Musikbusiness aufsteigen sollten.

Der entscheidende Durchbruch kam 1966: Mit seinem charakteristischen Bassspiel auf dem Song „Along Comes Mary“ von The Association gelang Scheff der Sprung in die erste Liga der amerikanischen Popmusik. Das psychedelisch gefärbte Stück wurde ein Charterfolg und gilt bis heute als stilprägender Klassiker der Westküstenbewegung – und markierte zugleich den Beginn einer bemerkenswerten Studiokarriere.

Jerry Scheff - Collage

Von Neil Diamond bis zu den Doors

Nach seinem Erfolg mit „Along Comes Mary“ etablierte sich Jerry Scheff rasch als feste Größe in der florierenden Session-Szene von Los Angeles. Mit seiner unverwechselbaren Mischung aus rhythmischer Präzision und stilistischer Vielseitigkeit war er bald bei den ganz Großen gefragt. Ob für Neil Diamond, Johnny Mathis, Pat Boone, The Everly Brothers, Nancy Sinatra, Sammy Davis Jr., Bobby Vinton oder die Monkees – Scheff lieferte den musikalischen Boden, auf dem Hits entstehen konnten. Sein Bassspiel fügte sich nahtlos in unterschiedlichste Klangwelten ein: von orchestralen Popsongs über folkige Balladen bis hin zu kantigem Country-Rock.

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Elvis Presley: The Searcher (The Original Soundtrack)

Ein Höhepunkt seiner Studioarbeit war zweifellos die Zusammenarbeit mit den Doors an ihrem letzten Album mit Jim Morrison: L.A. Woman (1971)“. Die Band, die zuvor meist auf einen Bassisten verzichtet hatte – Keyboarder Ray Manzarek übernahm die Basslinien zumeist mit der linken Hand – entschied sich im Studio diesmal bewusst für einen vollwertigen Bassspieler. Jerry Scheff verlieh dem Album durch sein tiefes, pulsierendes Spiel eine neue Dimension. Er ist auf nahezu allen Songs zu hören, unter anderem auf dem rauen Titelsong „L.A. Woman“ sowie dem atmosphärisch dichten „Riders on the Storm„. Letzteres gilt heute als einer der musikalischen Höhepunkte der Doors – nicht zuletzt wegen der subtilen, schwebenden Basslinie, die Scheff mit hypnotischer Ruhe durch das Stück führt.

Mit dieser Arbeit bewies Scheff, dass sein Bass weit mehr war als ein rhythmisches Fundament: Er war ein gestalterisches Element, das die Stimmung eines Songs entscheidend mitprägte. Seine Zeit mit den Doors markiert nicht nur einen künstlerischen Höhepunkt in seiner Karriere, sondern auch einen Moment, in dem Studiomusiker wie er selbst zu stillen Architekten eines musikalischen Erbes wurden.

Jerry Scheff und Elvis 1976
Charlie Hodge, Elvis und Jerry Scheff On Stage 1976

Der Ruf des King: Jerry Scheff und Elvis Presley

Als Elvis Presley im Sommer 1969 nach einer langen Pause triumphal auf die Bühne in Las Vegas zurückkehrte, war auch für Jerry Scheff ein Wendepunkt erreicht. Der Bassist wurde Mitglied der neu gegründeten TCB Band – „Taking Care of Business“ – jenem handverlesenen Ensemble, das den King of Rock ’n’ Roll fortan bei all seinen Live-Auftritten begleiten sollte. Ab dem 31. Juli 1969 stand Scheff im Showroom des International Hotel in Las Vegas erstmals an der Seite Presleys – ein Engagement, das ihn bis zu dessen letztem Konzert am 26. Juni 1977 in der Market Square Arena von Indianapolis begleiten sollte, mit einer kurzen Unterbrechung zwischen 1973 und 1975.

Scheffs musikalische Handschrift ist auf einer Vielzahl der bedeutendsten Elvis-Aufnahmen dieser Phase zu hören. Sie reicht von den energiegeladenen Live-Alben „From Memphis to Vegas / From Vegas to Memphis“ (1969) und „On Stage“ (1970) über das semi-dokumentarische Soundtrackalbum „That’s The Way It Is“ (1970) bis hin zum legendären Konzertmitschnitt Elvis As Recorded At Madison Square Garden (1972). Auch beim global übertragenen Satellitenkonzert Aloha from Hawaii (1973), das weltweit über eine Milliarde Zuschauer erreichte, war Scheffs Bass ein zentrales Element im Sound des Abends. In den späten Studioalben „From Elvis Presley Boulevard, Memphis, Tennessee“ (1976) und „Moody Blue“ (1977) wirkte er ebenfalls maßgeblich mit.

Nicht nur auf Tonträgern, sondern auch auf der Leinwand war Jerry Scheff während dieser Ära präsent. In den Konzertdokumentationen Elvis – That’s The Way It Is (1970) und Elvis On Tour (1972) ist er widerholt zu sehen – meist ruhig, konzentriert, beinahe stoisch – ein musikalischer Fels inmitten der schillernden und oft hektischen Bühnenwelt, die Elvis umgab. Seine zurückhaltende Präsenz und sein präzises Spiel machten ihn zu einem verlässlichen Anker innerhalb der oft improvisierten Konzertdramaturgie, in der Presley zwischen Rock, Gospel und Ballade wechselte.

Zusammenarbeit mit Bob Dylan, Roy Orbison und anderen Legenden

Auch nach dem Tod von Elvis Presley blieb Jerry Scheff ein gefragter Musiker, dessen Können in den unterschiedlichsten Genres geschätzt wurde. Seine Vielseitigkeit und sein unaufdringlicher Stil machten ihn zur idealen Besetzung für zahllose Studio- und Live-Projekte mit Künstlern, die zu den ganz Großen der Musikgeschichte zählen.

So arbeitete Scheff im Laufe der Jahre unter anderem mit Bob Dylan, Elvis Costello, John Denver, Willy DeVille, Sam Phillips (Leslie Ann Phillips), Richard Thompson, Chris Hillman, Bernie Leadon, Al Perkins und David Mansfield. Auch mit international bekannten Acts wie Demis Roussos und der neuseeländischen Band Crowded House stand er im Studio oder auf der Bühne.

Ein Höhepunkt in dieser Phase seiner Karriere war zweifellos seine Teilnahme am TV-Special „Roy Orbison and Friends: A Black and White Night“ im Jahr 1988. Die in stilvollem Schwarz-Weiß gehaltene Produktion, ausgestrahlt von Cinemax, brachte eine Art „All-Star“-Band zusammen, bestehend aus legendären Musikern wie Bruce Springsteen, Tom Waits, Elvis Costello, Bonnie Raitt und Jackson Browne. Jerry Scheff übernahm dabei den akustischen Bass und trug wesentlich zum warmen, nostalgischen Klang dieses außergewöhnlichen Konzertabends bei, der heute als eine der eindrucksvollsten Hommagen an Roy Orbison gilt.

Späte Jahre, Familienleben und Autobiografie

Auch abseits der Bühne hat Jerry Scheff Spuren hinterlassen – nicht zuletzt durch seine Familie. Der Musiker ist Vater von drei Söhnen: Jason (*1962), Darin (*1963) und Lauren (*1973). Besonders Jason Scheff trat in große Fußstapfen und wurde selbst zu einer festen Größe im Musikgeschäft. Als Bassist und Leadsänger der US-Rockband Chicago prägte er zwischen 1985 und 2016 den Sound der Band maßgeblich mit.

Eine besondere musikalische Begegnung zwischen Vater und Sohn fand 1993 statt: Gemeinsam komponierten sie das Lied „Bigger Than Elvis“ – eine emotionale Hommage an Jerry Scheffs Jahre mit dem King. Die Aufnahme, bei der Jerry den Bass spielte, blieb zunächst unveröffentlicht und wurde erst 2003 im Rahmen der Chicago-Box-Set-Kollektion „The Box“ offiziell der Öffentlichkeit präsentiert.

Auch Darin und Lauren fanden ihren Weg in die Musik. Beide entwickelten sich zu vielseitigen Multi-Instrumentalisten und Songwritern, die – wie ihr Bruder – das musikalische Erbe ihres Vaters auf individuelle Weise weiterführen.

Im Jahr 2012 veröffentlichte Jerry Scheff schließlich seine AutobiografieWay Down: Playing Bass with Elvis, Dylan, the Doors, and More“ (Backbeat Books). In dem Werk gewährt er persönliche Einblicke in seine jahrzehntelange Karriere als Tour- und Studiomusiker. Mit einem ehrlichen, reflektierten Ton beschreibt er Begegnungen mit Legenden wie Elvis Presley, Bob Dylan und Jim Morrison, aber auch die Herausforderungen des Lebens zwischen Tourbus und Tonstudio. Das Buch bietet nicht nur spannende Anekdoten, sondern zeichnet das vielschichtige Porträt eines Musikers, der stets im Hintergrund wirkte – und dabei dennoch den Rhythmus ganzer Epochen bestimmte.

Elvis: The Concert – Auf der Bühne bis ins hohe Alter

Auch im fortgeschrittenen Alter blieb Jerry Scheff der Bühne treu – und dem Geist jener Künstler, die ihn prägten. Ab 1997 war er Teil eines ambitionierten Projekts, das den Mythos Elvis Presley auf innovative Weise weiterleben ließ: „Elvis: The Concert„. Dabei spielten die originalen Musiker der TCB Band – Presleys Live-Ensemble der 1970er Jahre – synchron zu digital restaurierten Videoaufnahmen des „King Of Rock ’n‘ Roll“. Dank modernster Technik verschmolzen Vergangenheit und Gegenwart zu einem bewegenden Live-Erlebnis, bei dem Scheff erneut im Zentrum stand. Die Show begeisterte ein weltweites Publikum und führte ihn über ein Jahrzehnt lang durch die Konzertsäle Europas, Nordamerikas und Asiens. Erst 2009 beendete er seine Mitarbeit an dem Erfolgsprojekt, um sich neuen musikalischen Wegen zu widmen.

Doch von einem Rückzug ins Privatleben konnte keine Rede sein. Zwischen 2013 und 2017 stand Scheff regelmäßig in Großbritannien auf der Bühne, wo er gemeinsam mit Sänger Jenson Bloomer das Repertoire von Elvis Presley, Bob Dylan und den Doors interpretierte. Seine Auftritte bewiesen nicht nur seine musikalische Vielseitigkeit, sondern auch seine anhaltende Präsenz als Live-Künstler – jahrzehntelang nach seinen ersten Erfolgen.

Ein besonderes Kapitel schlug Scheff 2019 in Dänemark auf. Dort widmete er sich, im Rahmen von zwei Veranstaltungen, ganz dem Vermächtnis der Doors und ihres charismatischen Frontmanns Jim Morrison. In Zusammenarbeit mit der Band Doors Legacy und dem Kulturveranstalter Jan Puggaard Hansen gestaltete Scheff sowohl ein Konzert als auch eine begleitende Talkshow. Beide Veranstaltungen erwiesen sich als voller Erfolg und zeigten, wie sehr das Publikum auch heute noch von den Klängen der späten 1960er Jahre fasziniert ist.

Sein vielleicht spätestes Bühnencomeback feierte Scheff im April 2022 – in Mailand, Italien. Dort spielte er mit dem Gitarristen und Sänger Luca Olivieri sowie dessen Band ein Tributkonzert für Elvis Presley. Ein Abend, der nicht nur musikalisch bewegte, sondern auch symbolisch für Scheffs andauernde Leidenschaft stand: für die Musik, für das Publikum – und für die Künstler, mit denen er ein Leben lang verbunden blieb.

Fazit

Jerry Scheff verkörpert den Typus des leisen Meisters – ein Musiker, der fernab des grellen Rampenlichts maßgeblich den Sound mehrerer Generationen geprägt hat. Mit seiner stilistischen Vielseitigkeit, seiner musikalischen Präzision und einer beeindruckenden Karriere, die sich über mehr als fünf Jahrzehnte erstreckt, zählt er zu jenen Ausnahmekünstlern, ohne die viele Klassiker der Pop- und Rockgeschichte undenkbar wären.

Ob als rhythmisches Rückgrat von Elvis Presleys TCB Band, als kreativer Studiopartner der Doors oder als zuverlässiger Tourmusiker an der Seite von Bob Dylan – Scheff war stets dort präsent, wo Musik nicht nur gemacht, sondern zu Geschichte wurde. Sein Name mag nur Kennern geläufig sein, doch seine Basslinien sind tief in das kollektive Klanggedächtnis eingraviert.

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