Ronald Ellis „Ronnie“ Tutt wurde am 12. März 1938 in Dallas, Texas geboren. Schon in frühester Kindheit zeigte sich sein außergewöhnliches Rhythmusgefühl. Bereits im Alter von drei Jahren begann er mit Stepptanz, einem Bereich, in dem er bis zum elften Lebensjahr beeindruckende Fertigkeiten entwickelte. Dieser frühe Fokus auf Rhythmus und Timing wurde später zu einem zentralen Baustein seiner musikalischen Karriere.
Kurzprofil von Ronnie Tutt

Ronnie Tutt
Gestorben (Alter 83 Jahren)
Kindheit und musikalische Frühprägung
Dallas galt in den 1940er Jahren als lebendige Metropole mit einer aktiven Musikszene. In diesem Umfeld wuchs Ronie Tutt auf und lernte in jungen Jahren mehrere Instrumente. Neben dem Schlagzeug spielte er Violine, Trompete, Ukulele und Banjo – allesamt Instrumente, mit denen er sich eine breitgefächerte musikalische Grundlage verschaffte. Insbesondere seine Zeit im Schulorchester, in dem er Geige spielte, verlieh ihm ein feines Gespür für Arrangement und Zusammenspiel im Ensemble.
Ein früher Höhepunkt seiner Kindheit war der Gewinn eines Ukulele-Wettbewerbs im Alter von zehn Jahren. Erste professionelle Bühnenerfahrung sammelte er bald darauf als Banjo-Spieler bei „Rusty Brown’s Cell Block 7“, einer regional erfolgreichen Dixieland-Jazz-Band, die in und um Dallas auftrat.
Der Weg zum Schlagzeug
Obwohl er sich an vielen Instrumenten versuchte, kristallisierte sich gegen Ende seiner Highschool-Zeit eine besondere Vorliebe heraus: das Schlagzeug. Der Wandel war nicht nur ein Wechsel des Instruments, sondern ein beruflicher und künstlerischer Wendepunkt. Ronie Tutt übte obsessiv, perfektionierte sein Spiel und gab schließlich alle anderen Instrumente zugunsten seiner neuen Leidenschaft auf. Das Schlagzeug wurde zu seinem Lebensinstrument – zu dem Medium, durch das er sich ausdrücken wollte.
Erste Begegnung mit Elvis Presley
Bereits Mitte der 1950er Jahre war Ronie Tutt kein Unbekannter in der texanischen Musikszene. Bei der Radioshow „The Northside Jamboree“ begegnete er erstmals einem jungen Elvis Presley, der damals noch zusammen mit Scotty Moore und Bill Black, den sogenannten Blue Moon Boys auftrat. Die Begegnung hinterließ bei beiden Musikern Eindruck, doch es sollte noch einige Jahre dauern, bis sie erneut zusammenfanden.

Der Durchbruch: Schlagzeuger von Elvis Presley
Am 31. Juli 1969 begann Elvis Presley seine gefeierte Rückkehr auf die Live-Bühne mit einer Auftrittsserie im International Hotel in Las Vegas. Für diese neue Phase seiner Karriere stellte Presley eine begleitende Band zusammen, die später unter dem Namen „TCB Band“ (Taking Care of Business) bekannt werden sollte. Ron Tutt wurde als Schlagzeuger verpflichtet – eine Rolle, die er bis zum Tod des King am 16. August 1977 mit unerschütterlicher Präzision und Leidenschaft ausfüllte.
Gemeinsam mit Musikgrößen wie James Burton (Gitarre), Jerry Scheff (Bass) und Glen D. Hardin (Klavier) entwickelte Tutt einen unverkennbaren Sound. Seine Spielweise war explosiv, reaktiv, fast tänzerisch – perfekt abgestimmt auf Presleys charismatische Bühnenpräsenz. Elvis selbst würdigte ihn oft live mit den Worten:
„On the drums from Dallas, Texas, is hard-working Ronnie Tutt.“ In der Elvis-Welt wurde Tutt mehr als nur ein Musiker – er war ein Herzschlag der Shows, ein Vermittler zwischen Takt und Show.
Ronnie Tutt: Drumsolo 1977
Stilistische Vielseitigkeit und künstlerische Präzision
Was Ron Tutt von vielen anderen Schlagzeugern abhob, war seine außergewöhnliche Vielseitigkeit. Während er bei Elvis das explosive, rockige Spiel perfektionierte, konnte er ebenso präzise, zurückhaltend und jazzig agieren. Diese Bandbreite machte ihn nach Elvis’ Tod zu einem gefragten Studio- und Livemusiker.
Er selbst sagte einmal über seine zwei größten musikalischen Einflüsse:
„Elvis für den explosiven, leicht außer Kontrolle wirkenden Stil, der meine Energie und Spontaneität entfachte. Neil Diamond hingegen brachte mir Disziplin bei – er ist ein Stratege, jemand, der nie unvorbereitet auf die Bühne geht.“
Ronnie Tutt
Arbeit mit der Jerry Garcia Band
Parallel zu seiner Arbeit mit Elvis Presley begann Tutt ab 1974 als Gründungsmitglied der Jerry Garcia Band zu arbeiten. Garcia, Frontmann der legendären Grateful Dead, suchte nach einem verlässlichen, aber kreativen Schlagzeuger – und fand ihn in Ronie Tutt. Die beiden Studioalben „Reflections“ (1976) und „Cats Under the Stars“ (1978) sowie das spätere „Run for the Roses“ (1982) dokumentieren Tutts Fähigkeit, sich auch im psychedelischen Rock und Country-Fusion-Umfeld nahtlos einzufügen.
Ron Tutts Spiel wurde hier weniger von Show getrieben als vielmehr durch Klangtiefe, subtile Akzente und eine immense musikalische Präsenz geprägt.


Jahrzehntelange Partnerschaft mit Neil Diamond
Nach dem Ende von Elvis’ Karriere wandte sich Ronie Tutt einem neuen musikalischen Partner zu: Neil Diamond. Die Zusammenarbeit sollte die langlebigste seiner Karriere werden. Neil Diamond schätzte Tutt nicht nur als Schlagzeuger, sondern auch als Backgroundsänger. Besonders auf Live-Alben und in Tourneeproduktionen ist sein Beitrag unverkennbar – nicht zuletzt bei der mitreißenden Performance von „Holly Holy“, die bis heute als Glanzstück gilt.
Die professionelle Beziehung hielt über vier Jahrzehnte, bis Diamond sich 2018 aus gesundheitlichen Gründen von der Bühne zurückzog.
Weitere Kooperationen mit Musiklegenden
Ronie Tutt war ein Musiker von Weltruf, dessen Schlagzeugkunst auf zahlreichen Studioaufnahmen verewigt wurde. Die Liste seiner Weggefährten liest sich wie ein „Who is Who“ der Musikgeschichte:
- Roy Orbison
- Billy Joel
- Little Richard
- The Beach Boys
- Barbra Streisand
- Johnny Cash
- Frank Sinatra
- Kenny Rogers
Diese Musiker vertrauten auf Tutts präzises Timing, seine musikalische Sensibilität und seine Fähigkeit, sich in jede Stilistik einzufühlen – vom Rock ’n’ Roll über Soul bis hin zu orchestraler Popmusik.
Persönliches Leben und Schicksalsschläge
Ronie Tutt war nicht nur ein begnadeter Musiker, sondern auch ein Familienmensch. Sein Sohn Nathan Ellis Tutt wurde am 05. August 1977 geboren – nur elf Tage vor dem Tod von Elvis Presley. Das spätere Leben von Ron Tutt war jedoch auch von Schmerz geprägt. Nathan starb am 29. November 2011 im Alter von nur 34 Jahren an Darmkrebs. Die Krankheit war bereits weit fortgeschritten, als sie erkannt wurde, und hatte sich trotz intensiver Behandlung auf Leber und Lunge ausgebreitet.
Der Tod seines Sohnes war ein schwerer Schlag, von dem sich Tutt nur schwer erholte. Dennoch blieb er bis ins hohe Alter musikalisch aktiv – in Aufnahmestudios, auf kleinen Bühnen oder in der Elvis-Community.
Vermächtnis und Tod
Ronnie Tutt starb am 16. Oktober 2021 im Alter von 83 Jahren in Franklin, Tennessee. Die Musikwelt verlor damit einen ihrer stillen Meister – einen Mann, der selten im Rampenlicht stand, aber maßgeblich dafür verantwortlich war, dass andere darin glänzen konnten.
Sein Beitrag zur Musikgeschichte ist nicht nur auf Tonträgern konserviert, sondern lebt in der Erinnerung von Millionen von Fans weiter – sei es durch Elvis’ dramatische Bühnenshows oder durch Neil Diamonds epische Live-Konzerte. Elvis Presley Enterprises würdigten ihn posthum mit folgenden Worten:
„Ronnie war nicht nur ein legendärer Schlagzeuger, sondern ein wahrer Gentleman – bescheiden, freundlich und voller Humor. Er hinterlässt eine Lücke, die niemand füllen kann.“
Fazit
Ronnie Tutt war weit mehr als ein Begleitmusiker – er war ein musikalischer Architekt. Er verstand es, Künstlern einen sicheren und doch dynamischen rhythmischen Boden zu bieten, auf dem sie sich entfalten konnten. Sein Leben war geprägt von Leidenschaft, Hingabe und handwerklicher Präzision.
Sein Einfluss auf das Live-Spiel in der Rock- und Popmusik ist nicht zu unterschätzen: Er verkörperte das, was man von einem perfekten Schlagzeuger erwartet – er war laut, wenn es nötig war, subtil, wenn es die Musik verlangte, und vor allem: immer da, wo er gebraucht wurde.
In einer Zeit, in der viele Musiker nach Ruhm streben, war Ron Tutt der Ruhepol – ein Diener der Musik. Und gerade darin liegt seine Größe.
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