Follow That Dream-Label (FTD)

Als Sony Music / RCA BMG am 1. Juli 1999 das Follow That Dream-Label (FTD) ins Leben rief, verfolgte man ein einziges Ziel: den Hardcore-Sammlern Material zugänglich zu machen, das für den regulären Massenmarkt zu speziell war – alternative Studio-Takes, komplette Filmsound-track-Sessions, Mono-Soundboards direkt vom Mischpult, Probemitschnitte, Privataufnahmen und üppig bebilderte Buch-/CD-Kombinationen. Schon der Name war Programm: „Folge diesem Traum“ bedeutet hier, bis ins letzte Band-Kistchen vorzudringen. Die Erstauflage von Burbank ’68 (FTD #1) war binnen Stunden ausverkauft und etablierte das Konzept sofort.

Die 5 Entwicklungsphasen des FTD-Programms

Jede Phase reagierte direkt auf Sammler-Feedback: Als man 2003 bemerkte, daß die Classic Album Series (Doppel-CD-Re-Issues des Original-LP-Katalogs mit allen verfügbaren Session-Outtakes) am stärksten nachgefragt wurde, schob man in schneller Folge Elvis Is Back!, Something For Everybody, Good Times, Raised On Rock u. a. nach. Parallel wuchs das Soundboard-Archiv: Polk Salad Annie, Southern Nights, Dixieland Delight u. v. m.

Reihen, Formate und Verpackungs-Ästhetik

• Collector’s CDs (5″-Digipaks)
  Einfache Karton-Hüllen in der Frühphase; seit 2004 meist dreiteilige Digipaks.
• Classic Album Series (7″-Hard-Cover-Klapp-CDs)
  Format und Art-Work lehnen sich an RCA-Singles der 1950er/60er an; jedes Booklet enthält Session-Logs, neue Liner-Notes und Memorabilia-Faksimiles.
• Movie-Soundtrack-Serie (7″-Single-CDs)
  Fokus auf die vollständigen Film-Sessions (Kid Galahad, Fun In Acapulco etc.).
• Complete Sessions (8″-Boxen, zumeist 3 – 5 CDs)
  Beispiel: The American Sound ’69, The Viva Las Vegas Sessions, Guitar Man – The 67/68 Sessions.
• Bücher & Buch-Boxen
  Großformate wie The Making of King Creole (2024) vereinen 350-seitige Bildbände mit exklusiven CDs und sogar 10″-Vinyl-Beilagen.
• 180-g-Vinyl-Editionen
  Häufig Doppel-LPs in limitierter Stückzahl (< 3.000). Sie bedienen die Analog-Fangemeinde, ohne FTDs Kernformat – die CD – zu vernachlässigen.

FTD-Veröffentlichungen (Stand: Mai 2025)

Klang- und Quellen­kritik

Die Klangqualität der Follow That Dream-Veröffentlichungen gilt in Sammlerkreisen als durchweg hochwertig und audiophil. Im Gegensatz zu vielen modernen Remastern, bei denen Lautheit und Kompression oft auf Kosten der Dynamik gehen, setzen die FTD-Ingenieure konsequent auf eine natürliche Klangästhetik. Namen wie Vic Anesini und Sebastian Jeannson stehen dabei für Präzision und Respekt gegenüber dem Originalmaterial. Grundlage ihrer Arbeit sind in der Regel die originalen Mehrspur-Bänder – sofern verfügbar – oder die jeweils bestmögliche Masterkopie.

Der vielkritisierten „Loudness War“ entziehen sich die FTD-Releases bewusst: Dynamikspitzen bleiben erhalten, die Instrumentierung – insbesondere Gitarren und Schlagzeug – klingt luftig, transparent und organisch. Besonders deutlich wird diese Qualität bei den oftmals roh klingenden Soundboard-Aufnahmen der 1970er Jahre. Hier profitieren die Mitschnitte zusätzlich von modernen Restaurationstechniken wie De-Hiss-Algorithmen oder einer sogenannten Azimuth-Korrektur, bei der leichte Laufzeitabweichungen der Tonköpfe behutsam digital ausgeglichen werden.

Für professionelle Anwenderinnen – darunter Musikhistorikerinnen, Toningenieure oder Remix-Produzenten – bieten die umfangreichen Booklets zudem einen besonderen Mehrwert: Die Session-Protokolle enthalten akribisch dokumentierte technische Metadaten wie Take-Nummern, Mikrofonierung und Kanalbelegungen. Damit liefern die FTD-Releases nicht nur hörenswerte Musik, sondern auch eine wertvolle Quelle zur detaillierten Rekonstruktion von Elvis’ Studioarbeit.

Rezeption: Pressestimmen und Community-Echo

Die internationale Fachpresse würdigt das Follow That Dream-Label regelmäßig als Maßstab für hochwertige Archivveröffentlichungen. So bezeichnete das renommierte Billboard Magazine die 2019 erschienene Edition The American Sound 1969 Sessions als den „Rosetta Stone der späten 60er-Jahre-Aufnahmen von Elvis Presley“ – ein deutlicher Hinweis auf die zentrale Bedeutung dieser Sessions für das Verständnis von Presleys musikalischer Neuausrichtung nach dem Comeback 1968.

Auch in der deutschsprachigen Medienlandschaft fand FTD Anerkennung: Das populäre Musikmagazin GOOD TIMES verlieh dem Album The Nashville Marathon (2002) den Titel “Bestes Archiv-Release des Jahres” und lobte insbesondere die Klangqualität sowie die sorgfältige Zusammenstellung sämtlicher Session-Outtakes.

In der audiophilen Community genießen FTD-Veröffentlichungen ohnehin Kultstatus. Im FTD-Unterforum der Steve Hoffman Music Boards, einem der weltweit meistfrequentierten Foren für Tonträgervergleiche, existiert seit 2002 eine laufend aktualisierte Klangnoten-Liste, in der rund 82 Prozent aller FTD-Titel mit der Bewertung “A–” oder besser abschneiden – ein bemerkenswerter Qualitätsindikator über Jahrzehnte hinweg.

Doch dieser Erfolg hat auch eine Schattenseite: Aufgrund der stets limitierten Auflagen – häufig unter 5 000 Exemplaren – steigen die Preise für vergriffene Titel mitunter drastisch. So erzielen Originale der ersten fünf FTD-Releases auf Auktionsplattformen wie eBay oder bei spezialisierten Online-Händlern teils über 250 Euro pro Stück, insbesondere wenn sie sich im neuwertigen Zustand befinden oder noch eingeschweißt sind.

Exklusivität

Ein wesentlicher Aspekt der FTD-Veröffentlichungen liegt in ihrer exklusiven Limitierung. Jedes Set erscheint nur in begrenzter Auflage – und die Produktionszahlen wurden im Laufe der Jahre kontinuierlich reduziert. Der Grund dafür liegt zum einen in der rückläufigen Nachfrage nach physischen Tonträgern im digitalen Zeitalter, zum anderen aber auch in der sehr spezifischen Zielgruppe: Hardcore-Sammlerinnen und ausgewiesene Elvis-Archivistinnen. Diese Nischenstrategie wirkt sich unmittelbar auf die Marktdurchdringung aus.

So haben FTD-Titel bislang in keinem Land der Welt Chartplatzierungen erreicht – weder in den USA oder Kanada, noch im Vereinigten Königreich, im restlichen Europa, in Australien oder Japan. Dies war auch nie Zielsetzung des Labels, das bewusst auf konventionelle Promotion und Verkaufsmechanismen verzichtet. Trotz oder gerade wegen dieser Zurückhaltung beläuft sich die Gesamtzahl aller veröffentlichten Alben, EPs und Boxsets auf beeindruckende 267 Titel (inklusive acht großformatiger Boxen) – ein eindrucksvoller Katalog, der sich bis Anfang 2025 stetig erweitert hat.

Die Zukunft

Mit der dreiteiligen Buch-/CD-Reihe Celluloid Sell-Out! (geplant für den Zeitraum 2024 bis 2026) hat das Follow That Dream-Label sein nächstes Großprojekt bereits in den Startlöchern. Die Edition widmet sich umfassend dem Phänomen Elvis im Film – mit seltenen Sessionmitschnitten, Studio-Dokumenten und hunderten bislang unveröffentlichten Archivfotos. Im Rahmen der Nashville Music Preservation Conference im März 2025 gab FTD-Produzent Ernst Jørgensen darüber hinaus einen seltenen Einblick in den aktuellen Stand der Archivarbeit: Laut Jørgensen lagern im Besitz von Sony noch 56 bislang unveröffentlichte Mono-Soundboards aus den Jahren 1974 bis 1977 – Konzertmitschnitte direkt vom Bühnenmischpult, die das Repertoire der späteren Livejahre noch einmal deutlich erweitern könnten.

Parallel dazu arbeite man derzeit an der aufwendigen Restaurierung der sogenannten „Graceland Basement Tapes“ – privaten Home-Recordings aus dem Keller des Anwesens, die bisher nur ausschnittsweise kursierten. Die Hoffnung ist, das Material in besserer Klangqualität und erstmals vollständig zugänglich zu machen. Sollte dies gelingen, wäre dies ein weiterer Meilenstein in der akribischen Archivarbeit, für die das FTD-Label weltweit geschätzt wird.

Fazit

Seit nunmehr 26 Jahren hat Follow That Dream das scheinbar Unmögliche geschafft: ein Werk, das bereits als bis ins Detail ausgewertet galt, immer wieder neu zu beleuchten – technisch hochwertig, liebevoll verpackt und akribisch dokumentiert. Für Sammlerinnen, Historikerinnen und Hi-Fi-Puristen bleibt FTD damit die ultimative Adresse für „neues altes“ Elvis-Material – und der Traum, den das Label-Motto beschwört, geht auf jeder weiteren Veröffentlichung ein Stückchen weiter.