Elvis Presley war nicht nur ein musikalisches Phänomen, sondern zeigte auch immer wieder soziales Verantwortungsbewusstsein. Ein herausragendes Beispiel seines karitativen Engagements ist das legendäre Konzert „Aloha from Hawaii Via Satellite“, das am 14. Januar 1973 stattfand. Die Veranstaltung, ein medientechnisches Novum mit weltweiter Live-Übertragung, diente nicht allein der Unterhaltung – sie hatte zugleich einen zutiefst humanitären Zweck.
Die Einnahmen in Höhe von 75.000 US-Dollar wurden vollständig an die Kui-Lee-Krebsstiftung (Kui Lee Cancer Fund) gespendet, die zum Gedenken an den früh verstorbenen hawaiianischen Sänger und Songwriter Kui Lee gegründet worden war. Dieser Artikel zeichnet die Lebensgeschichte von Kui Lee nach, erläutert die Entstehung und Bedeutung der Stiftung und wirft einen detaillierten Blick auf Elvis Presleys Rolle in einer der bewegendsten Benefizaktionen seiner Karriere.
Wer war Kui Lee?
Ein hawaiianisches Ausnahmetalent mit tragischem Schicksal
Kuiokalani „Kui“ Lee zählt zu den eindrucksvollsten, wenngleich oft übersehenen Songwritern der hawaiianischen Musikgeschichte. Geboren am 31. Juli 1932 in Shanghai, verschlug es ihn bereits im Kindesalter mit seinem Vater zurück nach Hawaii. Dort wuchs er auf, besuchte zunächst die traditionsreiche Kamehameha School, später die Roosevelt High School – ein Weg, der jedoch durch schulische Disziplinarverstöße wiederholt unterbrochen wurde. Nach einem zweijährigen Dienst bei der US-Küstenwache entschied sich Lee endgültig für den künstlerischen Pfad.
Vom Türsteher zum gefeierten Songwriter
Zurück auf der Insel Oʻahu begann Kui Lee als Türsteher in Don Hos Club „Honey“ – ein Job, der zum Sprungbrett für seine musikalische Karriere werden sollte. Schnell entdeckte er seine Leidenschaft für das Schreiben eigener Lieder und entwickelte sich zu einem der markantesten Stimmen der hawaiianischen Renaissance. Sein wohl bekanntestes Werk, die tief emotionale Ballade „I’ll Remember You“, wurde 1965 durch Don Ho einem breiteren Publikum bekannt und später unter anderem von Andy Williams und Elvis Presley gecovert – was dem Song internationale Aufmerksamkeit bescherte.
Der Kampf gegen den Krebs
Im Jahr 1965 traf Kui Lee eine schwerwiegende Diagnose: Lymphdrüsenkrebs. Trotz intensiver medizinischer Behandlungen – unter anderem im renommierten Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York und dem Cedars of Lebanon Hospital in Los Angeles – verschlechterte sich sein Gesundheitszustand rapide. In der Hoffnung auf alternative Heilung begab er sich sogar nach Tijuana, um dort eine Laetrile-Therapie in Anspruch zu nehmen – eine umstrittene, nicht zugelassene Methode. Dennoch verlor Lee den Kampf gegen die Krankheit. Er verstarb am 03. Dezember 1966, gerade einmal 34 Jahre alt.
Ein bleibendes Vermächtnis
Trotz seines frühen Todes hinterließ Kui Lee ein künstlerisches Erbe, das über Generationen hinweg inspiriert. Kurz nach seinem Tod veröffentlichte Columbia Records posthum sein einziges Studioalbum: „The Extraordinary Kui Lee“, das seine kreative Tiefe eindrucksvoll dokumentiert. Auch die Musikszene ehrte ihn vielfach: Neben dem Na Hoku Hanohano Lifetime Achievement Award im Jahr 2000 wurde Lee in die Hawaiian Music Hall of Fame aufgenommen – eine Anerkennung, die sein Schaffen und seinen Einfluss auf die moderne hawaiianische Musikszene unterstreicht. Sein Name lebt fort, nicht nur durch seine Songs, sondern auch durch die Stiftung, die seinen Kampf gegen den Krebs zu einem Symbol der Hoffnung machte.
Die Gründung der Kui‑Lee‑Krebsstiftung
Der tragische Tod des hawaiianischen Singer-Songwriters Kui Lee im Dezember 1966 hinterließ nicht nur eine Lücke in der Musikszene der Inseln, sondern rief auch gesellschaftliches Engagement hervor. Als Reaktion auf das frühe Krebsleiden des Künstlers gründete der renommierte Kolumnist der Honolulu Advertiser, Eddie Sherman, im Jahr 1967 den Kui Lee Cancer Fund. Die Stiftung verfolgte ein klares Ziel: die Förderung von Krebsforschung, medizinischer Versorgung und Patientenunterstützung auf Hawaii, insbesondere an der medizinischen Fakultät der Universität von Hawaii in Mānoa.
Sherman, ein enger Freund von Kui Lee, benannte den Fonds bewusst nach dem Musiker, um dessen künstlerisches Erbe mit einem humanitären Anliegen zu verbinden. „Kui war mehr als nur ein Songwriter“, sagte Sherman in einem späteren Interview.
Er stand für Stärke, Würde und die Hoffnung, dass auch aus einem schmerzhaften Abschied etwas Gutes entstehen kann.
Von Beginn an war die Stiftung tief in der lokalen Gemeinschaft verwurzelt. Doch das Engagement beschränkte sich nicht nur auf Hawaii: Dank prominenter Unterstützung – allen voran durch Elvis Presley, der 1973 das weltweit erste via Satellit übertragene Solokonzert „Aloha from Hawaii“ als Benefizveranstaltung zugunsten des Kui-Lee-Fonds ausrichtete – wurde das Anliegen auch international bekannt. Die Medienaufmerksamkeit, die Elvis‘ Unterstützung mit sich brachte, verhalf der Stiftung zu einer nie dagewesenen Reichweite und öffnete neue Türen für Forschungsförderung und Spenden.
Die Stiftung wurde damit nicht nur zu einem Symbol für das kulturelle Vermächtnis Kui Lees, sondern auch zu einem Leuchtturmprojekt für patientennahe Krebsarbeit auf den pazifischen Inseln – getragen von einem Künstler, gewürdigt durch einen anderen.
Elvis Presley und „Aloha from Hawaii“
Vision und Vorbereitung
Im Jahr 1972 reifte bei Elvis Presley die Idee zu einem bislang einzigartigen musikalischen Ereignis: Ein Livekonzert, das per Satellit in alle Welt übertragen werden sollte. Inspiriert von der symbolträchtigen China-Reise des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon, wollte auch Presley ein globales Zeichen setzen – musikalisch, technologisch und humanitär. Die Produktion übernahm Regisseur Marty Pasetta, organisiert wurde das Projekt in Kooperation mit RCA Records und dem US-Fernsehsender NBC.
In enger Abstimmung mit seinem langjährigen Manager Colonel Tom Parker entschied man sich dazu, sämtliche Einnahmen aus dem Konzert einem wohltätigen Zweck zukommen zu lassen. Auf Anregung des hawaiianischen Journalisten Eddie Sherman fiel die Wahl auf die Kui-Lee-Krebsstiftung, benannt nach dem verstorbenen Singer-Songwriter Kui Lee, der in Hawaii als musikalischer Volksheld galt. Presley selbst steuerte 1.000 US-Dollar aus eigener Tasche bei und unterzeichnete eine offizielle Spendenurkunde – ebenso wie Parker und Vertreter von RCA.

Ein musikalisches Weltereignis mit karitativem Herz
Am 14. Januar 1973, um 0:30 Uhr Ortszeit, betrat Elvis die Bühne des Honolulu International Center – heute bekannt als Neal S. Blaisdell Center. Bereits zwei Tage zuvor hatte eine Generalprobe vor Publikum stattgefunden, auch hier floss der Erlös in die Stiftung. Anders als herkömmliche Fernsehshows war „Aloha from Hawaii“ kein frei empfangbares Event: Der Zugang zum Livekonzert war an eine Spende gekoppelt, sodass jeder gekaufte Sitzplatz unmittelbar zur Finanzierung der Krebsforschung beitrug.
Die Übertragung sprengte alle bisherigen Maßstäbe: Weltweit schalteten nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen einer und 1,5 Milliarden Menschen ein – in zahlreichen Ländern Asiens erreichte die Sendung sogar Einschaltquoten von bis zu 90 Prozent. Nie zuvor hatte ein Solokünstler derartige Reichweiten erzielt – technisch wie kulturell war das Konzert ein Meilenstein.
Eine musikalische Widmung mit tiefer Bedeutung
Zu den emotionalen Höhepunkten des Abends zählte zweifelsohne Presleys Interpretation von „I’ll Remember You“ – jener Ballade, die Kui Lee einst geschrieben hatte und die durch Elvis‘ gefühlvolle Darbietung eine neue, weltumspannende Bedeutung gewann. Die Songauswahl war kein Zufall: Sie fungierte als musikalische Brücke zwischen dem „King of Rock ’n’ Roll“ und dem hawaiianischen Songwriter, dessen Leben und Werk das Konzert überhaupt erst inspiriert hatten. In dieser einen Darbietung verdichtete sich das Anliegen des gesamten Abends: Musik als Erinnerung, als Heilung, als Hoffnung.
Nachhaltige Wirkung für Hawaii
Obwohl die Veranstalter ursprünglich mit einem Reinerlös von rund 25.000 US-Dollar gerechnet hatten, übertraf das Spendenergebnis alle Erwartungen: 75.000 US-Dollar (heutiger Wert: 573.802 US-Dollar) flossen letztlich an die Kui-Lee-Krebsstiftung – ermöglicht durch Ticketverkäufe, freiwillige Beiträge und ergänzende Spenden von RCA, Parker und weiteren Unterstützern.
Diese Summe ermöglichte der Stiftung nicht nur eine breitere medizinische Versorgung für Krebspatienten auf Hawaii, sondern stärkte auch die Forschung und öffentliche Aufklärung über die Krankheit. Für Hawaii bedeutete das Konzert damit nicht nur einen musikalischen, sondern auch einen gesellschaftlichen Impuls, der über Jahrzehnte nachwirkte.
Historische Tragweite und Wirkung
Pionierleistung in der Fernsehtechnologie
Mit „Aloha from Hawaii“ betrat Elvis Presley 1973 Neuland: Zum ersten Mal in der Geschichte der Popkultur wurde ein Solokonzert live per Satellit in mehr als 40 Länder übertragen. Dieser technische Durchbruch markierte einen Meilenstein in der Geschichte der globalen Fernsehübertragung und demonstrierte eindrucksvoll das wachsende Zusammenspiel von Musik, Medien und internationaler Reichweite.
Vorbild für karitatives Entertainment
Das Konzert war jedoch nicht nur ein mediales Großereignis, sondern auch ein innovatives Modell gemeinnütziger Aktion. Der Verzicht auf reguläre Eintrittspreise zugunsten freiwilliger Spenden und die bewusste Verknüpfung von Starpower mit sozialem Engagement machten „Aloha from Hawaii“ zu einem wegweisenden Vorläufer späterer Charity-Galas. Elvis Presley zeigte, dass sich Unterhaltung und Philanthropie auf höchstem Niveau miteinander verbinden lassen – ein Prinzip, das Jahrzehnte später etwa in Live Aid oder dem Concert for New York City seine Entsprechung fand.
Festigung eines humanitären Images
Elvis Presleys Mitwirkung an der Finanzierung des USS-Arizona-Memorials (1961) oder seine Benefizveranstaltung zugunsten Bedürftiger in Memphis im selben Jahr hatten bereits zuvor seine soziale Ader unter Beweis gestellt. Doch das Engagement für die Kui‑Lee‑Krebsstiftung verlieh seinem humanitären Wirken eine neue Dimension. Der King nutzte nicht nur seine Stimme, sondern auch seine globale Popularität, um Aufmerksamkeit auf Krankheit, Verlust und Hilfe zu lenken – und sicherte sich damit auch ein bleibendes Image als Künstler mit Herz und Haltung.
Fazit
Die Verbindung eines persönlichen Schicksals mit weltweiter Strahlkraft fand ihren Ausdruck in einem Ereignis von außergewöhnlicher Tragweite: Der frühe Tod des hawaiianischen Musikers Kui Lee und das Engagement von Elvis Presley, einer der größten Ikonen der Popkultur, kulminierten in einem karitativen Meilenstein. Die nach Kui Lee benannte Krebsstiftung, tief verwurzelt in der hawaiianischen Gemeinschaft, wurde durch Presleys Benefizkonzert „Aloha from Hawaii“ international sichtbar und finanziell entscheidend gestärkt. Das Event geriet weit über seine musikalische Dimension hinaus zum Symbol weltumspannender Solidarität und zum Vorreiter technischer Innovation im Zeitalter der Satellitenübertragung.
Elvis Presley zeigte damit eindrucksvoll, dass seine Größe nicht allein in Rekordverkäufen oder Bühnenpräsenz lag, sondern auch in seiner Bereitschaft, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Mit der Kraft seiner Popularität lenkte er den Blick der Weltöffentlichkeit auf ein lokales Anliegen und machte es zu einer universellen Botschaft der Hoffnung – ein leiser, aber nachhaltiger Akt menschlicher Verbundenheit.