Elvis Presley und das Shaka-Zeichen

Das Shaka-Zeichen – Daumen und kleiner Finger ausgestreckt – ist ein hawaiianischer Gruß für Aloha-Spirit, Freundlichkeit und entspannte Verbundenheit.

Stephan
Autor und Betreiber von Elvis-Presley.net. Elvis-Fan seit über 35 Jahren.
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Elvis verabschiedet sich am 14. Januar 1973 mit dem Shaka-Zeichen

Honolulu, Hawaii, 14. Januar 1973 – Millionen von Zuschauern in über 30 Ländern verfolgen gebannt ein historisches Fernsehereignis: Aloha from Hawaii via Satellite, das erste weltweit live via Satellit übertragene Konzert eines einzelnen Künstlers. Am Ende des Auftritts, in weißem Jumpsuit und mit Cape, verbeugt sich Elvis Presley ein letztes Mal, bevor er sich vom Publikum verabschiedet – nicht mit einer theatralischen Pose oder einer ausgestreckten Hand, sondern mit einer schlichten, aber tief symbolischen Geste: Er ballt die Faust, streckt Daumen und kleinen Finger aus, dreht das Handgelenk locker in die Kamera und lächelt – das Shaka-Zeichen.

Für viele internationale Fans war dieser Moment die erste bewusste Begegnung mit dem hawaiianischen Gruß, einem stummen Ausdruck von Respekt, Gelassenheit und Zusammengehörigkeit. Was für Elvis Ausdruck seiner Verbundenheit zur Inselwelt war – er hatte bereits mehrere Filme auf Hawaii gedreht und hielt die Insel für einen der friedlichsten Orte der Welt – entwickelte sich so zu einem globalen Erkennungszeichen für „Aloha Spirit“.

Doch hinter der freundlichen Geste verbirgt sich mehr als touristischer Charme oder Surferflair. Die Geschichte des Shaka-Zeichens führt tief in die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen Hawaiis – von den Zuckerrohrfeldern der Jahrhundertwende über die Wellen des Surfsports bis in die Emojikästen heutiger Smartphones. Und sie erzählt davon, wie aus einer Handbewegung ein identitätsstiftendes Symbol wurde – getragen von Persönlichkeiten wie Elvis Presley, aber entstanden aus den Händen einfacher Arbeiter.

Geschichte: Zwischen Zuckerrohrfeldern, Lokomotiven und Werbespots

Die wohl bekannteste Ursprungserzählung führt zurück in das frühe 20. Jahrhundert zur Kahuku Sugar Mill auf der hawaiianischen Insel Oʻahu. Dort, so berichtet unter anderem der „Honolulu Star-Bulletin„, verlor der Plantagenarbeiter Hāmana Kalili bei einem Arbeitsunfall drei Finger seiner rechten Hand. In seiner neuen Tätigkeit als Bahnaufseher winkte er ankommende Züge mit der verbliebenen Kombination aus Daumen und kleinem Finger durch – eine Geste, die vor allem Kinder in der Umgebung nachahmten. Das Shaka war geboren.

Andere Theorien verorten den Ursprung in der spanischstämmigen Community: Dort habe man beim gemeinsamen Trinken die Faust in ähnlicher Weise geschwenkt. Wiederum andere verweisen auf den charismatischen Gebrauchtwagenhändler und Entertainer „Lippy“ Espinda, der in den 1960er-Jahren mit der Phrase „Shaka, brah!“ in lokalen Fernsehspots bekannt wurde. Beide Versionen sind in der englischsprachigen Wikipedia dokumentiert – stützen sich jedoch bislang lediglich auf anekdotische Hinweise.

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Einen kritischeren Blick wirft die kulturhistorische Analyse von Sarah Durn auf Atlas Obscura: Demnach könnten das Shaka und ähnliche Gesten ursprünglich als nonverbale Kommunikationsmittel unter Plantagenarbeitern gedient haben – vor allem unter jenen Migranten aus Portugal, China und Okinawa, die sprachliche Barrieren mit Handzeichen überwanden. In diesem Kontext erscheint das Shaka als Ausdruck von Solidarität inmitten kolonialer Ausbeutungsverhältnisse.

Ob Kalili, Espinda oder spanische Fischer – Konsens herrscht darüber, dass das Shaka bereits um die 1910er-Jahre auf Oʻahu verbreitet war. Ohne den historischen Kontext der Zuckerrohrindustrie wäre die Geste vermutlich nie so weit gereist. Erst durch die später aufkommende Surf-Kultur fand sie den Weg in die weltweite Populärkultur.

Hawaiianisches Shaka-Zeichen
Das Shaka-Zeichen ist tief in der hawaiianischen Kultur verankert. © Foto: Bridgendboy (iStock)

Die stille Sprache des Aloha-Spirits

Das Shaka-Zeichen ist weit mehr als ein bloßer „Hang Loose“-Gruß aus der Surfszene – es verkörpert in seiner nonverbalen Schlichtheit einen zentralen Bestandteil hawaiianischer Identität. In der lokalen Kultur steht die Geste sinnbildlich für den sogenannten Aloha Spirit, ein gesellschaftlich tief verankerter Verhaltenscodex, der auf Freundlichkeit, Demut und gegenseitigem Respekt fußt – auch wenn er gesetzlich nicht verbindlich definiert ist.

Der internationale Tauchverband PADI bringt die Bedeutung auf den Punkt: Das Shaka sei ein stilles Versprechen – „Ich sehe dich, ich respektiere dich, wir teilen denselben Ozean.“ Diese Formulierung trifft den Kern: Das Zeichen ist ein Angebot zur Verbindung, zur Verständigung jenseits von Sprache.

Im Alltag funktioniert das Shaka als universelles Kommunikationsmittel: Autofahrer bedanken sich für Rücksicht im Verkehr, Verkäufer signalisieren Großzügigkeit an der Kasse, Surflehrer quittieren einen gelungenen Ritt mit dem lässigen Gruß. Gerade weil die Geste weder laut noch aufdringlich ist, entfaltet sie ihre Wirkung besonders dort, wo Worte fehlen oder nicht ausreichen – etwa auf vielsprachigen Märkten, bei sportlichen Wettkämpfen oder in spontanen Begegnungen. Ihre Niedrigschwelligkeit macht sie zu einem sozialen Bindeglied in einer multikulturellen Gesellschaft.

Der Surf-Boom und Hollywood als Katalysator

Als der hawaiianische Surf-Pionier Duke Kahanamoku die Wellenreitkultur ab 1912 nach Kalifornien brachte, folgte mit dem Sport auch eine neue Körpersprache – darunter das heute ikonische Shaka-Zeichen. Spätestens mit dem Surferfilm „Gidget“ (1959) fand die Geste ihren Weg auf die Kinoleinwand und wurde als visuelles Symbol für das entspannte „Hang Loose“-Lebensgefühl populär.

Surfmedien wie SurferToday datieren den weltweiten Siegeszug des Shaka auf die 1960er Jahre: Von Kalifornien aus verbreitete sich das Zeichen entlang der US-Westküste und schwappte weiter nach Australien, Brasilien und Südafrika – stets begleitet vom Aufstieg der globalen Surfbewegung.

Der Verbreitungseffekt glich dabei dem Prinzip moderner Memetik: Ob auf Strandfotos, Reiseplakaten oder Werbemotiven mit VW-Bussen – das Shaka wurde zum visuellen Code einer Lebensphilosophie. Dass die Geste bis heute nicht urheber- oder markenrechtlich geschützt ist, erklärt ihre außergewöhnliche Verbreitung. Doch genau diese Offenheit birgt auch kulturelle Spannungsfelder – insbesondere im Kontext von Kommerzialisierung und Aneignung.

Zwischen Markenschutz und kulturellem Erbe: Der politische Rahmen

In den vergangenen Jahren versuchten verschiedene Unternehmen, das Wort „Shaka“ markenrechtlich zu sichern – etwa für Sticker, Modeartikel oder gastronomische Angebote. So ließ sich die Marke „Shaka Eats“ im Jahr 2008 beim US-Patentamt eintragen – inklusive grafischer Darstellung der typischen Handgeste. Eine generelle Einschränkung der freien Nutzung entstand daraus jedoch nicht.

Angesichts der weltweiten touristischen Vermarktung des Symbols wuchs in Hawaii das Bedürfnis, das eigene kulturelle Erbe rechtlich zu schützen. 2024 reagierte das Parlament: Mit parteiübergreifender Zustimmung verabschiedete es ein Gesetz, das das Shaka offiziell zur Staatsgeste Hawaiis erklärt. Begleitet wurde der Beschluss von medial inszenierten Bildern – etwa hawaiianischer Nachwuchs-Footballspieler beim Super Bowl, die mit Daumen und kleinem Finger das neue Staatssymbol präsentierten.

Die Gesetzesbegründung verweist explizit auf Hāmana Kalili, den Ursprung im Plantagenmilieu sowie den gelebten „Aloha Spirit“. Damit wird das Zeichen nicht nur juristisch, sondern auch symbolpolitisch aufgewertet: Es soll Hawaiis kulturelle Identität wahren und der kommerziellen Aneignung durch Festland-USA entgegenwirken. Kritische Stimmen warnen jedoch vor einer Reduktion auf touristische Klischees, die der komplexen indigen-polynesischen Geschichte nicht gerecht wird.

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama ist bekannt für die regelmäßige Nutzung des Shaka.Zeichens
Der ehemalige US-Präsident Barack Obama ist bekannt für die regelmäßige Nutzung des Shaka.Zeichens

Pop-Stars und Präsidenten: Der Weg des Shaka in den globalen Mainstream

Elvis Presley – Shaka bei Aloha From Hawaii

Einen der prägendsten Auftritte des Shaka-Zeichens erlebte die Weltöffentlichkeit am 14. Januar 1973 im Honolulu International Center: Elvis Presley beendete sein weltweit ausgestrahltes Konzert „Aloha From Hawaii via Satellite“ mit der Ballade „Can’t Help Falling in Love“, warf sein weißes Cape ins Publikum – und verabschiedete sich mit einem deutlich erkennbaren Shaka-Gruß. Die Kameras fingen den Moment präzise ein; laut Konzertchronik markierte dieser symbolische Gruß das Finale, bevor ihm Fans eine goldene Krone überreichten.

Für Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern in 36 Ländern verband sich das hawaiianische Zeichen dadurch erstmals mit den glamourösen Bildern eines internationalen Superstars – lange bevor Surffilme oder Lifestyle-Marken die Geste global etablierten. Dass ausgerechnet ein Künstler aus dem amerikanischen Süden als einer der ersten populären „Shaka-Botschafter“ galt, unterstreicht, wie rasch das Symbol kulturelle und geografische Grenzen überwand.

Barack Obama, Dwayne Johnson & Co.

Auch politische und mediale Schwergewichte haben das Shaka inzwischen fest in den globalen Bildkanon integriert. So zeigte sich etwa US-Präsident Barack Obama, aufgewachsen in Honolulu, bei offiziellen Terminen regelmäßig mit der Geste – etwa 2009 bei der Ehrung der Baseball-Profis der Philadelphia Phillies im Weißen Haus. Die entstandenen Pressefotos verbreiteten sich in internationalen Medien und sozialen Netzwerken.

Hollywood-Schauspieler Dwayne „The Rock“ Johnson, hawaiisch-samoanischer Herkunft, nutzt den Shaka-Gruß regelmäßig bei Premieren und öffentlichen Auftritten – ebenso wie TV-Moderatoren, hawaiianische Politiker oder Social-Media-Stars. Damit hat sich die einst lokal verankerte Geste zunehmend zu einem universellen Symbol des „laid-back“-Lifestyles gewandelt – eine Entwicklung, die innerhalb der polynesischen Gemeinschaft auch kritisch gesehen wird, da sie mitunter kulturelle Tiefe zugunsten medialer Inszenierung verliert.

Bits, Bytes und 🤙 – Das Shaka im digitalen Zeitalter

Seit der Einführung von Unicode 10 im Jahr 2017 besitzt das Shaka-Zeichen seinen eigenen Emoji-Code: 🤙 (Unicode 1F919), offiziell benannt als „call-me hand“. In der Antragstellung wurde das Symbol explizit als „shaka“ bezeichnet und mit einer Liste kultureller Kontexte versehen, in denen die Geste positiv belegt ist – ein bemerkenswerter Vorgang, denn nur selten finden indigene Gesten ohne Bedeutungsverschiebung Eingang in den globalen Zeichenvorrat.

Heute ist 🤙 auf Plattformen wie WhatsApp, Slack oder Instagram weit verbreitet. Es ersetzt häufig den Daumen (👍) oder das Okay-Zeichen (👌) und transportiert dabei eine Mischung aus Lässigkeit und nonchalanter Zustimmung – nicht selten mit einem Anflug ironischer Distanz. Medien- und Kulturwissenschaftler sehen darin ein Beispiel für die zunehmende Bild-Hybridität der digitalen Kommunikation: Ursprünglich analoge Gesten transformieren sich in kontextabhängige Emojis, deren Bedeutung sich je nach Plattform, Nutzergruppe und Situation wandelt.

Fazit

Das Shaka-Zeichen hat sich von einer lokalen Geste hawaiianischer Plantagenarbeiter zu einem weltweit wiedererkennbaren Symbol für Gelassenheit, Freundlichkeit und Gemeinschaft entwickelt. Seine Wurzeln reichen tief in die multikulturelle Geschichte Hawaiis zurück – geprägt durch Arbeitermigration, sprachliche Vielfalt und gelebten Aloha-Spirit. Durch die Popularisierung in der Surfszene, im Showbusiness – etwa durch Elvis Presleys berühmten Shaka beim „Aloha from Hawaii“-Konzert – sowie durch prominente Fürsprecher wie Barack Obama wurde die Geste globalisiert, ohne dabei ihre Ursprünge völlig zu verlieren.

In der digitalen Welt angekommen, als Emoji und Lifestyle-Symbol verbreitet, steht das Shaka heute sinnbildlich für eine Kultur des entspannten Miteinanders. Gleichzeitig mahnt es zur kulturellen Achtsamkeit: Wer es nutzt, sollte auch dessen Geschichte würdigen. Mit seiner offiziellen Anerkennung durch den Staat Hawaii ist das Shaka nicht nur Zeichen für Zusammengehörigkeit – sondern auch für Verantwortung im Umgang mit kulturellem Erbe.

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