Vatikanstadt – Dass Papst Franziskus eine tiefe Leidenschaft für Musik hegt, war vielen Beobachtern bereits bekannt. Doch das Ausmaß seiner privaten Musiksammlung überrascht selbst eingefleischte Vatikan-Kenner: Rund 2.000 Tonträger – darunter 1.728 CDs und 19 Schallplatten – lagern mittlerweile im Kulturreferat des Heiligen Stuhls. Kuratiert wird diese außergewöhnliche Kollektion vom Präsidenten des Päpstlichen Kulturrats, Kardinal Gianfranco Ravasi.
In einem Interview mit der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera vom 13. Januar 2022 äußerte sich Ravasi detailliert über die Sammlung, die einen tiefen Einblick in das kulturelle Innenleben des Pontifex gewährt. Das musikalische Spektrum reicht von klassischer Musik über argentinische Tangos bis hin zu einer erstaunlichen Anzahl an Gospelplatten von Elvis Presley. Ganze 25 CDs des “King of Rock ’n’ Roll” mit Gospelsongs sind Teil der Sammlung – ein klarer Hinweis auf Franziskus’ Vorliebe für spirituell geprägte Musik mit emotionaler Tiefe.
Der Papst, ein Musikfan!
„Ich war überhaupt nicht überrascht, als ich Papst Franziskus neulich mit einer Schallplatte unter dem Arm aus einem Musikladen in Rom habe gehen sehen“, erklärte Ravasi in dem Interview. Tatsächlich habe der Papst ihm bereits einige Tage zuvor eine Auswahl an CDs geschickt. Damit setzte er eine Tradition fort, die vor über drei Jahren begann: Damals erhielt der Kardinal erstmals einige Tonträger vom Heiligen Vater – mit dem beiläufigen Hinweis, dass dieser von Ravasis Musikleidenschaft wisse.
„Ich antwortete ihm, dass ich gern wüsste, welche Musik er selbst mag. So entstand ein regelmäßiger musikalischer Austausch“, berichtet der Kardinal. Bald darauf erhielt er sogar eine ganze Box mit CDs vom Papst – versehen mit der Notiz: „Die habe ich schon gehört.“
Diese scheinbar beiläufige Geste war der Grundstein für ein ambitioniertes Archivierungsprojekt im Päpstlichen Kulturrat. Dort wird die Sammlung katalogisiert, mit detaillierten Vermerken versehen und unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten verwaltet. Neben zahlreichen Geschenken, die der Papst aus aller Welt erhält, enthält die Kollektion auch viele Tonträger aus seinem persönlichen Besitz.
Ein besonderes Augenmerk verdient dabei die Vielfalt der Genres. Neben Werken der klassischen Musik finden sich in der Sammlung auch Chansons der französischen Sängerin Édith Piaf, mitreißende Tangostücke des argentinischen Komponisten Astor Piazzolla sowie Opernaufnahmen aus dem berühmten Teatro Colón in Buenos Aires. Letztere verweisen auf eine biografische Prägung: Franziskus entdeckte seine Liebe zur Musik als Kind, als er regelmäßig gemeinsam mit seiner Mutter eine Opernsendung im Radio hörte.

Bemerkenswerte Musiksammlung
Noch bemerkenswerter als der Inhalt der Sammlung sind jedoch die persönlichen Notizen, die Papst Franziskus vielen Tonträgern beilegt. „Was mich immer wieder beeindruckt, sind seine handschriftlichen Kommentare“, so Ravasi. „Sie sind fachlich versiert, tiefgründig und zeigen, dass er die Musik mit großer Aufmerksamkeit hört.“ Der Kardinal hat diese Anmerkungen gesammelt und hegt den Wunsch, sie eines Tages zu veröffentlichen. Sie seien, so Ravasi, ein Spiegelbild der Persönlichkeit des Papstes – seiner Sensibilität, seiner Bildung, aber auch seiner spirituellen Tiefe.
Langfristig könne er sich sogar vorstellen, die Sammlung einem ausgewählten Kreis von Musikwissenschaftlern zugänglich zu machen. „Diese Musiksammlung ist ein Fenster in die Seele eines außergewöhnlichen Menschen“, merkt Ravasi an. „Sie verdient es, erforscht und verstanden zu werden – nicht nur als Kuriosität, sondern als kulturelles Erbe eines Pontifikats, das die Kunst nicht nur schätzt, sondern auch lebt.“
Fazit
Das musikalische Archiv von Papst Franziskus offenbart einen tiefen, persönlichen Zugang zur Welt der Klänge und Rhythmen. Mit fast 2.000 Tonträgern spiegelt seine Sammlung nicht nur eine breite kulturelle Bildung, sondern auch eine emotionale und spirituelle Auseinandersetzung mit Musik wider. Ob argentinischer Tango, klassische Oper oder Gospel von Elvis Presley – die Vielfalt zeigt einen Papst, der offen, leidenschaftlich und neugierig geblieben ist. Besonders seine handschriftlichen Kommentare unterstreichen, wie intensiv und reflektiert er sich mit den Werken beschäftigt. Diese Musiksammlung ist weit mehr als ein persönliches Archiv: Sie ist ein klingendes Zeugnis für die menschliche Seite eines geistlichen Oberhaupts, das Musik nicht nur hört, sondern lebt.
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